Kapitel II. Die ältesten Karten

 

12. Stumpfs Schweizerchronik.

Das bereits, als im Jahre 1547 beendigt, erwähnte Werk von Johannes Stumpf erschien 1548 zu Zürich bei Froschauer unter dem Titel: „ Schwyzer Chronik: Das ist Beschrybung gemeiner loblicher Eydgenossenschafft Stetten, Landen und dero Chronik wirdigen Thaaten. Alles mit schönen Landtafeln gezieret". Es enthält eine Überfülle von Thatsachen, welche der fleissige Mann theils aus allen möglichen Autoren zusammentrug, theils durch seine Freunde Bullinger, Vadian, etc. mitgetheilt erhielt, theils auch auf verschiedenen Reisen durch die Schweiz selbst sammelte, — und wurde nach Verdienen von Regierungen und Privaten in anerkennendster Weise aufgenommen (1) , so dass, obschon Stumpf selbst noch 1554 einen Auszug in einem mässigen Octavbande publicirte, schon 1587 eine neue Auflage des starken Folianten nöthig wurde, welche des Verfassers Sohn, Hans Rudolf Stumpf (2), unter Fortführung bis auf jene Zeit veranstaltete,— ja noch 1606 eine dritte, durch Johannes Wolf (3) besorgte und wieder bis auf die Zeit des Erscheinens nachgeführte Auflage.

Es kann sich natürlich hier nicht darum handeln auf den höchst interessanten Inhalt dieser Schrift näher einzutreten, sondern ich muss mich darauf beschränken einige Worte über die beigegebenen, die Schweiz betreffenden Landtafeln beizufügen: Abgesehen von der Tafel „Die alt Helvetiam", von der ich Umgang nehme, gab Stumpf unter dem Titel „Tafel darin begriffen ein verzeichnus der loblichen Eydgnoschafft und jrer Zugewandten, sampt dem Alpgebirg und nechsten Anstössen" eine Art Uebersichtskarte der Schweiz, und dann noch die acht Specialkarten, „Turgow, —Zürichgow,—Aergöw und Buchsgöw, — Wiffelspurger Göw und Wadt, — Länder und Täler der alten Lepontier, — Landschafft der Rhetier, — Landschafft Wallis mit ihren anstössen und zugehörigen Vogteyen, — Landschafft der Rauracer, jetz Bassler gelegenheit."

Die Uebersichtskarte hat 37 auf 28 cm., — zeigt Süd oben, und auf der Rolle neben dem Zirkel die Jahrzahl 1545, — ist in Beziehung auf die Anzahl der Ortschaften bedeutend reichhaltiger als die Münster'schen Karten, in Beziehung auf Richtigkeit der Anlage mit ihnen nahe gleichwerthig (4), und in Beziehung auf die Zeichnung, abgesehen von der eher noch schlechtern Darstellung der Seen, ebenfalls an sie zu wagen. Die Specialkarten sind in ähnlicher Weise, aber, bei halber absoluter Grosse, in sehr verschiedenem Maassstabe ausgeführt (5), und verdanken ihren Werth zunächst dem grössern Detail an Ortschaften. Denn Werth haben sie, als erste Specialkarten unsers Landes, unbedingt, und es scheint mir das wegwerfende Urtheil „Ohne Werth sind die von Stumpf selbst gezeichneten und von Froschauer in Holz geschnittenen sog. Landtafeln", welches ein sich sonst über Stumpfs Arbeiten sehr günstig aussprechender Berichterstatter fällt (6), ganz unrichtig: Obschon diese Tafeln, wie übrigens noch viele spätere Karten, für die Gegenwart ganz unbrauchbar sind, so waren sie eben nothwendige Ausgangspunkte, ohne welche wir das nicht bekommen hätten, was sie uns jetzt entbehrlich macht, und darin liegt auch für uns noch Werth genug; für die Zeit ihres Erscheinens aber hatten sie natürlich noch eine viel grössere Bedeutung, und es ist ganz begreiflich, dass es sich damals lohnte sie auch noch separat als ersten Schweizeratlas herauszugeben (7), was unter folgendem Titel geschah:

„Landtafeln. Hierinn findst du lieber Läser, schöner recht und wolgemachter Landtaflen XII nämlich ein Allgemeine Europse : demnach etlich besondere, als des Tütschen lands, Franckreychs und der allgemeinen Eydgnoschafft. Wyter auch besundere gemeiner Eydgnoschafft Landschafften abgeteilte Taflen, als des Turgöws, Zürychgöws, Argöws, Wiflispurgergöws, der Lepontier, Rhetier, Wallisser und Rauracer. Welche alle vormals sölicher gestalt nie aussgangen, yetz-und aber zu lob und eer obgedachter Landschafften, und zu nutz des Läsers mit besonderm fleyss getruckt sind. — Getruckt zu Zürych by Christoffel Froschauer."