Kapitel IV. Die Arbeiten der Scheuchzer

 

36. Die eigentliche Bedeutung von Scheuchzer's Schweizerkarte.

Das im Nivöse XI erschienene dritte Heft des „Memorial topographique et militaire" sagt in einer „Etat de la Topographie en Europe" betitelten Abhandlung:

„Scheuchzer, en 1712, publia une carte de la Suisse en quatre feuilles. Elle fut d'abord estimée à cause de la réputation de son auteur; on savait qu'elle était le résultat de ses observations et de ses courses: mais on n'ignore plus que cette carte a été faite de réminiscence et dans le cabinet. D'ailleurs Scheuchzer n'y a pas mis, surtout dans le système des montagnes, l'intelligence qu'on devait attendre d'un naturaliste qui avait si souvent gravi leurs sommités et franchi leurs chaînes."

Das Urtheil ist etwas hart, und ich kann demselben nicht in allen Theilen beistimmen. Auch ich darf zwar nach dem Mitgetheilten die Karte von Scheuchzer nicht als eine Leistung betrachten, durch welche eine neue Aera in der Darstellung unseres Landes eröffnet wurde, sondern nur als eine solche, welche eine alte Aera abgeschlossen hat; aber eine solche Leistung ist ebenfalls höchst verdienstlich, — weil eben absolut nothwendig.

Gerade dass ein mit vollstem Rechte so renommirter Mann, wie unser Joh. Jakob Scheuchzer, mit all' seinem Fleisse, bei all' seiner durch zahlreiche Reisen erworbenen genauen Kenntniss eines grossen Theiles des Landes, und trotz s. Bestrebens durch einzelne Messungen gewisse Verhältnisse besser zu ermitteln, nichts wesentlich Besseres zu leisten vermochte, als schon s. Vorgänger geleistet hatten, lieferte den eclatanten Beweis, dass der bisher eingeschlagene Weg der successiven Detailverbesserung, oder des Fortschreitens von Einzelheiten zum Ganzen, in einem Lande von der Beschaffenheit der Schweiz nicht länger genügen könne, — dass gegentheils erst die allgemeinen Verhältnisse richtig ermittelt, und nachher die speciellen in sie eingepasst werden müssen, um eine höhere Stufe zu erreichen, — und ich betrachte es als ein grosses Verdienst von Scheuchzer, dass er, unter Hinweisung auf Letzteres, diesen Beweis geleistet hat, — als ein Glück, dass er nicht der Mann dazu war, um durch hübschere, wenn auch grösstentheils irrige Darstellung der Gebirgsgegenden, die Grundfehler der Anlage zu überkleistern, und dadurch wahrscheinlicher Weise den wirklichen Fortschritt nur zu verzögern.