Kapitel IX. Der Schweizer-Atlas von Meyer.

 

81. David Breitinger.

Zu Zürich im Jahre 1763 dem Professor David Breitinger geboren (1), durchlief der nachmalige Zeugherr David Breitinger die 1773 zu Zürich unter dem Namen „Kunstschule" gegründete Industrieschule, an welcher s. Vater Mathematik und Physik lehrte, mit Auszeichnung. Als es sich nachher um die Berufswahl handelte, entschied man sich den jungen Mann zum Klein-Mechaniker ausbilden zu lassen, und dadurch eine in Zürich bestehende und dem Vater Breitinger natürlich besonders fühlbare Lücke auszufüllen.

Wohl waren in Zürich durch die Zubler (2), Ardüser (3), Zingg (4), Meylin (5), Fäsi (6), Steiner (7), etc. immer einzelne Instrumente, wie Messtische, Reductionszirkel, Astrolabien, Sonnenquadranten, Planetolabien, Fernröhren, etc. erstellt worden; aber die Betreffenden waren nicht eigentliche Mechaniker, sondern betrieben entweder selbst ein etwas verwandtes Handwerk, wie etwa das eines Goldschmieds oder Uhrenmachers, oder waren überhaupt nur Liebhaber, welche ihre Ideen mit Hülfe verschiedener Handwerker auszuführen suchten, — und es ist jedenfalls Thatsache, dass noch lange nach der Mitte des 18. Jahrhunderts der Bedarf, nicht nur an grössern, sondern auch an kleinern Instrumenten, zumeist von auswärts, so z. B. von Brander in Augsburg (8), Hurter in London (9), Bartenschlager in Schaffhausen (10), etc., bezogen werden musste.

Es war somit ein sehr glücklicher Gedanke den jungen Breitinger zum Mechaniker zu bestimmen, — ihn behufs tüchtiger Berufsbildung zuerst für zwei Jahre nach Strassburg zu schicken, — und ihn dann noch für einige Zeit nach London zu instradiren (11).

Nach s. Rückkehr aus der Fremde scheint sich Breitinger sodann sofort am Wolfbach in Hottingen (12) eine kleine Werkstätte eingerichtet zu haben, da nicht nur zu Anfang 1788 die math. milit. Gesellschaft beschloss bei ihm um den Preis von 7 Louisd'or einen Reisebarometer construiren zu lassen, sondern Ingenieur Feer schon im folgenden Jahre berichten konnte, derselbe sei so gut ausgefallen, dass er den meisten englischen Instrumenten dieser Art vorzuziehen sei, und bereits eine grössere Anzahl guter Höhenbestimmungen für das Usteri'sche Relief (13) geliefert habe.

Im Jahre 1790 construirte Breitinger für Vater Meyer in Aarau ein von diesem gewünschtes Scheiben Instrument für dessen Gehülfen Müller (14), — im folgenden Jahre sandte er direct an Müller einen Maassstab von 30 franz. Zollen, einen Minuten gebenden Transporteur, einen Stockzirkel (zugleich Haarzirkel) und einen Reductionszirkel (15), wobei er sich entschuldigt, dass er ihn „wegen sehr pressanten Arbeiten" nicht sofort habe bedienen können, — in den folgenden Jahren besorgte er nach Auftrag von Ingenieur Feer Einiges für die Sternwarte auf dem Karlsthurme und dann namentlich die Apparate für die Basismessungen im Sihlfeld, an denen er auch selbst Theil nahm (16), ferner richtete er sich, wie aus einem von s. Vater 1798 I 11 an Horner gerichteten Briefe hervorgeht, bei s. Wohnung in Hottingen ein kleines „Speculum astronomicum" ein, — kurz es sind genügende Zeugnisse vorhanden, dass er den gewählten Beruf eifrig und mit Geschick ausübte, bis ihn der Staat 1803 in Anerkennung der von ihm seit 1789 als Inspector des Artillerie-Collegiums, und durch Ertheilung eines damit verbundenen Artillerie-Curses, geleisteten Dienste, zum Zeugherrn ernannte (17).

Er versah nun diese Stelle, obschon 1815 durch den plötzlichen Tod seines hoffnungsvollen und einzigen Sohnes David schwer getroffen (18), noch bis 1826 in vorzüglicher Weise, zog sich dann zu wohlverdienter Ruhe zu s. Tochter ins Pfarrhaus Dällikon zurück, und erlag daselbst 1834 einem Gichtanfalle. —

Noch bleibt nachzutragen, dass Breitinger, wie mehrere noch vorhandene Pläne und die Originalzeichnung eines von ihm 1804 herausgegebenen „Plan de la ville et des environs de Zürich" zeigen, auch als Topograph manches geleistet hat. Letztere, durch Senn gestochene Karte (19), welche zunächst die Kriegsoperationen der Österreicher und Franzosen im Jahre 1799 veranschaulichen sollte, wurde von Breitinger zumeist aus vorhandenem Material, welches er nur da und dort durch eigene Aufnahmen ergänzte und berichtigte, zusammengetragen, und macht somit keine weitern Ansprüche (20).