Kapitel IX. Der Schweizer-Atlas von Meyer.

 

82. Die Arbeiten von Weiss und Müller.

„M. Meyer, Capitaine, a fait une très grande fortune en portant au plus haut degré de per-fection et d'étendue une fabrique de rubans de soie", berichtet Saussure (1), nachdem er erzählt, dass er 1791 eigens von Genf nach Aarau gereist sei, um Meyer und s. Arbeiten zu sehen.

„Pour varier ses rubans, il imagina de faire imprimer sur des rubans, d'abord les dessins et ensuite les reliefs des montagnes de la Suisse. Mais comme il désirait de les représenter avec fidélité, il en fit modeler quelques-unes d'après nature avec beaucoup de soin (2).

Le succès de ces premières tentatives lui donna l'idée d'exécuter cela en grand. II pensa qu;un relief exact qui représenterait sur une même échelle l'ensemble de toutes les monta-gnes de la Suisse serait un objet infiniment curieux et même utile à divers égards (3).

Ne pouvant pas l'exécuter lui-même, il eut le bonheur de trouver dans M. Weiss, Ingénieur alsacien, un homme que la nature semblait avoir formé exprès pour seconder ses vues. M. Weiss réunit à la théorie et à la pratique la plus parfaite dans l'art du géographe, un talent singulier pour le dessin et pour tous les arts d'imitation. Il a de plus une force et un courage très-rares pour les expéditions les plus hasardeuses sur les montagnes (4). M. Meyer fait tous les frais de ses voyages, et n'épargne rien pour lui faciliter son travail; il paye au-tant de guides et d'aides qu'il peut en désirer et des modeleurs qui travaillent sous sa direction.

Il y a plusieurs années que ce travail se presse avec la plus grande activité, et nous avons l'espérance de voir compléter dans un an ou deux le relief de toutes les alpes de la Suisse, depuis le lac de Constance jusques au Montblanc inclusivement. Il aura environ 14 pieds de longueur sur 7 de largeur (5)

M. Meyer espère que tous les amateurs pourront jouir du fruit de son travail. Comme son relief, de même que celui de M. Pfyffer, est compose de pièces quarrées qui se joignent les unes aux autres, il a imaginé de faire couler en bronze des moules de chacune de ces pièces, et d'imprimer en suite ces moules sur une espèce de carton ou de papier maché. J'en ai vu qui ont parfaitement réussi. Ces reliefs en carton, lorsqu'ils sont enluminés avec soin, rendent parfaitement et les originaux et la nature. Suivant ce procédé on les multipliera autant que l'on voudra, et peutêtre la vente de ces reliefs dédommagera-t-elle M. Meyer d'une partie de la dépense que lui a coûté cette superbe fantaisie (6). —

Ce qui augmentera singulièrement le mérite de ces reliefs, c'est qu'un des fils de M. Meyer a senti que pour compléter l'instruction qui en sera le résultat, il fallait connaître la nature de ces montagnes et indiquer sur chacune d'elles, par quelque caractère, le genre de pierre dont elle est composée, et les minéraux qu'elle renferme.

Pour se rendre capable de ce travail, il est allé à Freyberg étudier la minéralogie, sous les plus habiles maîtres, et en particulier sous M. Werner, et il en a rapporte des connaissances très-approfondies, et une collection minéralogique très-étendue, qu'il m'a fait le plaisir de me montrer a Arau. Il a déjà commence à parcourir les montagnes, et il rapportera sur leurs reliefs les connaissances qu'il en aura recueillies" (7). —

Ich habe diese höchst interessante Erzählung eines competenten Zeitgenossen nicht zu unterbrechen nöthig gefunden, obschon dieselbe da und dort, und namentlich in Beziehung auf das Weiss gespendete und von diesem absolut nicht verdiente Lob, bedeutende Berichtigungen erfordert, da sich Letztere zum Theil schon aus den beigefügten Noten, namentlich aber aus dem Folgenden für den Leser von selbst ergeben:

Es ist nämlich zwar Thatsache, dass Meyer etwa 1785 den damals im besten Alter stehenden, und ihm als begabter Zeichner geschilderten Joh. Heinrich Weiss aus Strassburg nach Aarau berief, — ihm s. Plan auseinandersetzte, — und ihm alle nöthigen Mittel zur Ausführung desselben in reichem Maasse an die Hand gab; aber ebenso ist es auch Thatsache, dass die Arbeit in den ersten Jahren gar nicht vom Flecke rücken wollte, — dass zur Zeit, wo Müller durch die bereits beschriebene Titlis-Fahrt (8) mit Meyer zusammengeführt wurde, noch fast nichts geschehen war, — und die ganze Sache erst recht in Fluss kam, als Letzterer, auf die sachbezüglichen Talente dieses schlichten Landmanns aufmerksam geworden, ihn im Dezember jenes Jahres 1787 einlud auf ein paar Wochen zu ihm nach Aarau zu kommen, und ihm dann dort den Vorschlag machte an der Aufnahme Theil zu nehmen.

Müller zeigte sofort grosse Lust dazu, — beschäftigte sich, nach Hause zurückgekehrt, den ganzen Winter ausschliesslich mit Skizziren und Modelliren, — und brachte schon am 2. März 1788 eine von ihm unterdessen ausgeführte plastische Darstellung der Umgegend von Engelberg nach Aarau, welche so wohl gefiel dass schon am nächsten Tage folgender Vertrag zum Abschlüsse kam (9):

„Mitt Gott in Aarau den 3te Merz 1788. Hatt Herr J. Rudolf Meyer allhier mit dem Ehren Geachten Joachim Müller Weibel von Engelberg Nachstehende Verabredung und Acord getroffen.
Da Herr Meyer durch Herrn Weiss von Strassburg Ein Werck arbeiten lasst welches die Weltberühmten Schweizerischen Berggegenden und Alpgebürgen in Ihrer Natürlichen Gestalt darstellt und dieser Obenbemelte Joachim Müller als Ein Erfahrner Berg Mann Laut dargestelten Prob Stuken Die kentnuss besitzt Dergleichen Berggegenden in Gips darzustellen, so hat er sich gegen obgedachten Hrn. Meyer dahin verpflichtet zu beförderung dieses Wercks Seine gantze Zeit und Seine Kräfften in allen, treuen darzugeben und mit allmöglichem Fleiss dem Herrn Weiss an die Hand zu gehen und in allem Herrn Meyers Intenzion zu befolgen, auch in allwegen dess Herrn Meyers Nutzen zu fördern und Schaden zu wenden, und mit diesem Fleiss verspricht Er ausszuharren biss Herr Meyer Seinen Zweck und Vorhaben wird Erreicht haben.

Auf all denen Bergreisen wird Er Sich Selbsten Ernehren und vor Seinen Unterhalt besorgt sein..

Vor all dieses verspricht Ihm Herr Meyer alltäglich zu bezahlen Dreissig Bernbatzen und Herrn Meyers Verbindung soll Ein Jahr Lang gelten allso 365 tag vom Ersten Mertz 1788 biss Ersten Mertz 1789..

Solte aber der allmächtige den bemeldten Joachim Müller mit Krankheit heimsuchen, dass Er Seinen Geschafften nicht nachgehen könnte so soll Herr Meyer nur so weit gebunden sein als Es Seine billichkeit erfordern wurde.

Hievon sind zwey gleichlautende Abschrifften verfertiget und jeder Partey Eine zugestelt worden: Joh. Rudolf Meyer, Hauptmann. — Dieses bekenne ich Joachim Müller von Engelberg." —


Unmittelbar nach Abschluss des Vertrages gingen Weiss und Müller gemeinschaftlich an die Arbeit, und zwar erzählt Letzterer in einem Schreiben, das er 1830 VI 20 an die Schweiz, naturf. Gesellschaft richtete (10):

„Anno 1788 im Merz gingen wir auf den Horben zu Muri, gegen dem Züricher Gebiet, Rigi, und gantzenn sichtbaren Hochgebürg; von da über Hildisrieden, Gormund, Ruswyler Berg, Entlibuch und Napf Winkel zu messen; von da auf Bern, von wo uns Herr Professor Tralles mit denen obrigkeitlich mathematischen Instrumenten auf Thun begleitete eine Basis Linie zu messen (11), und auf die errichtete Signale St. Battenberg, Niesen, Stockhorn, Thierachern und gegen das Hochgebirg horizontal und elevations Winkel über dem Quecksilber-Spiegel trigonometrisch zu bearbeiten (12). Nach diesem reiseten wir ins Hasliland auf verschiedene Berge, z. B. auf hangend Gletscherhorn, Planblatten und von da auf die Grimsel, Sidlishorn, ober und unter Aargletscher und so fort."

Müller führte auf der ganzen Reise „gibss schachtlen" mit sich, um immer an Ort und Stelle modeliiren zu können, und arbeitete sodann während des Winters in Aarau, wo ihm Meyer, der mit s. Leistungen ausserordentlich zufrieden war, freie Station gab, „ein Relief vom Bern Oberland, thun und brientzersee" aus, welches dann muthmasslich sofort von den Rust copirt (13), und sodann von Meyer der Regierung von Bern präsentirt wurde, um die Erlaubniss zur Vervielfältigung zu erhalten (14).

In Folge dieses Gesuches erliess die Berner-Regierung 1789 V 13 an den Kriegsrath das Schreiben:

„Auf angehörten Euern MHG. Vortrag wegen denen von Hrn. Haubtmann Meyer, Bandfabrikant in Aarau, MGH. vorgelegten zwei Basreliefs, welche beyde den die höchsten Gebirge begreiffenden Theil dess Canton nach verschiedenen Maasstäben darstellen, haben MGH. und Obern das grössere davon anzunemmen geruhet Einerseiths (15); Anderseiths dann ihme Hrn. Meyer ohne einiches Bedenken die gnädige Bewilligung ertheilet, das kleinere durch Abdrüke zu vervielfältigen und als gemeinnützig käuflich hinzugeben (16).

Was dann den zweyten Punkt anbelangt wie der Herr Meyer für diess sein Geschenk zu remuneriren seyn wolle? ist solches MGH. den Kriegsräthen zu bestimmen überlassen worden" (17). —

Von den Campagnen der folgenden Jahre erzählt Müller:

„Anno 1789 im Frühjahr auch mit Herrn Tralles in Aarau eine Basis Linie gemessen von dem Kirchthurm Suhr auf Kölliken (18); nach diesem von der Wasser- und Giselfluh gegen der Basis und ganzem sichtbaren Hochgebirg die Winkel repetirt; hernach den gantzen Sommer hindurch ins Bern Oberland, im Siebenthal, Frutigen, Lauterthal, Schilthorn, Grindelwald auf Faulhorn, und vielen ändern Bergen zugebracht. —

A. 1790 gab mir Herr Meyer einen Vollmachtschein ins Saanenland zu reisen, wo ich auf dem hohen Jomen, Samasiva, etc. eine grosse Ansichtszeichnung formiert, z. B. von Diablere und Tantamorgeln (19), Montblanc, Dantamidi und vielen ändern horizontal und elevations Winkel gemessen, und einen Theil vom untern Wallis bereiset, wie noch den gantzen Sommer von 1791 das gantze bernerische und wallsersche Hochgebürg durch alle Thäler vom Montblanc bis Furca durchstrichen. —

Anno 1792, 93 und 94 über die ganzen Cantone Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Glarus, Graubündten, Appenzell und Zürich, auch über die Voralbergische Herrschaften bis ans Tyrol mit äusserstem Fleiss und Anstrengung vermittelst Instrumenten die Zeichnung fortgesetzt (20), so dass ich einen grossen Folianten damit anfüllen könnte.

Unter den vielen will ich nur eine Stelle berühren, da ich an einem der schönsten Tägen aller meiner Reisen mit drei Männern den so merkwürdigen Titlis im Engelberg bestiege, dort das grosse Scheibeninstrument (21) mit Striken und Steinen befestigt, und eine Bergansicht in einem Halbcirkel formirt vom Sessiplano zwischen Bündten und Voralberg bis an Niesen bei Thun.
Dann nach obbemeldten Ständen vom Titlis wieder gegen den Titlis und vielen ändern Bergen die Winkel repetiert, und das Netz zu meinem Berggrundplan durch verschiedene angegebene Logrit Tabellen, von welchen wir Vega's am meisten gebraucht haben, formiert, nach welchen ich meine verschiedenen Reliefs verfertiget, die bey Fremden und Einheimischen mir sehr grossen Beyfall verschaften" (22). —


Man könnte aus dem letzten Passus schliessen wollen, dass Müller wirklich triangulirt, und s. Dreiecke berechnet habe; ich glaube jedoch, dass diess ein Fehlschluss wäre:

Dass Müller auf Rigi, „planblaten", Etzel, „bitzistokh", etc. mit einem „Winckell mässer" (23) zahlreiche Elevations- und Depressionswinkel mass, geht zwar aus s. Notizbüchern mit aller Sicherheit hervor, — ebenso, dass er aus denselben Höhendifferenzen abzuleiten wusste, wofür ihm wohl anfänglich Weiss, auf den sich das „wir" zu beziehen scheint, einige praktische Anleitung gegeben haben mochte (24), — und es ist sogar, da auch in einem s. Notizbücher vorkömmt, dass er „durch Instrumente Drei Eg vormiert" habe, nicht unwahrscheinlich, dass er einige Distanzen aus ändern mit Hülfe von Winkeln durch Construction (25) oder sogar durch Rechnung ableitete; dass er aber förmlich triangulirt und ein Dreiecksnetz berechnet habe, dafür konnte ich, obschon ich alle von Müller hinterlassenen Papiere bis auf den letzten Schnitzel bei Händen hatte und durchsuchte, absolut keinen Anhaltspunkt finden, während dagegen ganz bestimmte Beweise vorliegen, dass er mit einem ihm dafür von Breitinger auf Meyer's Kosten eigens construirten und s. Individualität angepassten Instrumente, dem schon mehr erwähnten sog. „Scheibeninstrumente" eine Art graphischer Triangulation machte.

Letzteres Instrument, das Müller 1790 erhielt (26), bestand offenbar aus einem Stative, welches ein Tischchen trug, auf welchem er Papierscheiben von etwas mehr als 14 cm. Durchmesser (27) befestigen, und dann auf ihnen mit einem über ihrem Centrum drehbaren Diopterlineal Richtungen nach Bergspitzen und ändern bemerkenswerthen Objecten ziehen konnte.

Er begab sich mit diesem Tische, ganz entsprechend wie es der Trigonometer mit s. Theodoliten macht, auf eine Reihe schöner Aussichtspunkte, zog s. Richtungslinien (28), und benutzte sodann diese in analoger Weise, wie Jener s. Winkel, jedoch s. Resultate durch Zeichnung, statt durch Rechnung gewinnend.

Die Sammlung der Zürcher-Sternwarte besitzt bei 160 solcher Blättchen, von welchen einzelne mit Angabe des Jahres der Aufnahme, viele wenigstens mit Angabe des Standpunktes versehen sind. Die Jahrzahlen gehen von 1794—1826 (29), und unter den Standpunkten befinden sich: Etzel, Rigi, Buochserhorn, Joch, Nägelisgrätli, Napf, Niesen, Storegg, Rothhorn, Gemmi, Simplon, Stäfa, Schindellegi, Lungern, Hospenthal, Münster im Wallis, Tavetsch, Titlis, Pommat, Montafun, Grindelwald, Thun, Guttannen, Langnau, Altorf, etc. —

Nach dem ausdrücklichen Wunsche von Meyer versäumte übrigens Müller, der sich mit Weiss immer weniger gut vertrug und von 1790 hinweg selbstständig für Meyer arbeitete (30), neben s. geometrischen Bestimmungen auch später das Modelliren an Ort und Stelle keineswegs (31), und erhielt so gewissermassen ein doppeltes Material, um je im Winter in Aarau an dem grossen Relief zu arbeiten, das Meyer zuerst von Weiss zu erhalten wünschte, dann aber offenbar später ganz an Müller übertragen hatte.

Er beendigte diese Arbeit, welche die Alpen vom Genfer- bis an den Boden-See auf einer Tafel von etwa 450 auf 150 cm. im Maassstab von 1/60’000 darstellt (32), bis zum Jahre 1797, — und sie ist es, nach welcher, dann allerdings muthmasslich zum grössten Theile durch Weiss, wie wir sofort noch näher hören werden, der beste Theil des Meyer'schen Atlasses gezeichnet wurde, so dass man nicht genug bedauern kann, dass dieselbe unserm Lande entfremdet wurde, indem Meyer etwa 1803 nicht umhin konnte sie an den damals allmächtigen Nachbar unsers Landes um ein Spottgeld abzutreten (33).