Kapitel V. Spätere Detailarbeiten

 

44. Joh. Adam Rüdiger.

Im Würzburgischen in den Achtziger-Jahren des 17. Jahrhunderts geboren, kam Johann Adam Riediger oder Rüdiger (1) in jungen Jahren nach Zürich, nahm daselbst die evangelische Religion an (2) , wurde in Mathematik, Feldmessen, Kriegsbaukunst, etc. unterrichtet, und machte in diesen Fächern rasch so gute Progresse, dass er bald als Lehrer derselben auftreten und im Zwölfer-Krieg als Ingenieur gebraucht werden konnte (3). Schon 1712 und folgende Jahre machte er auch verschiedene Aufnahmen: So findet sich z. B. in der Ziegler'schen Sammlung ein auf den Kampf von 1712 VII 22 bezüglicher Plan der Gegend von der Sternenschanz gegen Hütten, unter dem man „Fait par A. Rüdiger Ingenieur" liest, und der auf Messung zu beruhen scheint (4), — und in der Sammlung der math. milit. Gesellschaft ein Handriss mit dem Titel „Der untere Theil des Freyen Amts, wie selbiger Anno 1712 durch eine gerade Linie von Ober-Lunkhofen gegen Fahrwangen von dem obern Freyen Amt ausgemarchet worden. In Grund gelegt von Job. Adam Rüedinger Ingenieur A. 1714", der 55 auf 41 cm. hält, gar nicht übel gezeichnet ist, und, soweit ich es vergleichen konnte, als genau taxirt werden darf (5).

Bald nach letzterer Aufnahme scheint Rüdiger s. Wohnsitz nach Bern verlegt, und sich etwas später das Burgerrecht in dem benachbarten Kehrsatz erworben zu haben; denn schon 1717 findet sich in den Acten des Berner-Kriegsrathes die Notiz: „Geometra Rüdinger von Zürich für die Karte von der Grafschaft Baden 75 Thlr. Geordnet (6), — für diejenige vom Kelleramt bei Ablieferung 25 Thlr. versprochen", — und ebendieselben enthalten, neben mehreren die Aufnahme des Freienamts betreffenden Schreiben vom Herbst 1720, ein zwar undatirtes, aber unzweifelhaft im Spätsommer 1721 verfasstes Schriftstück, welches den Titel „Mein Johann Adam Riediger demüthige Supplication bey überliefferung des Plans der Freyämter" führt (7) , und folgendermassen lautet:
„Ewer Gnaden getrewer Unterthan Johann Adam Riedinger (8) von Kersatz überreichet deroselben in Underthänigkeit denjenigen Plan zu folg dess ahn Ihn von Ewer Gnaden ergangenen Befelchs vom l Julii 1720, i n welchem Plan enthalten sind 5 Stätt, 56 freyämbtische, 17 Lucernische, 6 Zürcherische, 11 Kellerämbtische, 32 bernerische Dörffer, zusammen 171 Dörffer, ohne sehr viele Höff, Klöster und Schlösser, nebstdem alle Waldungen ummessen, dessgleichen alle Strassen, Töbel, gräben, hohle weg, berg, Moräst, beständige lebhäg, Wissen, Felder und Weinberge geometrisch verzeichnet sind, mit welcher arbeit Er 8 Monath in dem Feldt und 4 Monath bei Hauss zu gebracht, und in gemeldten 8 Monathen lauth Ewer Gnd. assignation von MHH. Landvogt Sinner auf Lenzburg anders nichts an geld als täglich 15 Bzn für seine Zehrung empfangen. Wan nun solche und viele andere arbeithen seith 6 Jahren her alhier in Ewer Gnd. Diensten getrewlich und mit Fleiss und Mühe verfertiget, und Er sich zu ferneren solchen Diensten Ew. Gnd. demüthigist anbefihlet; alss erflehet Ew. Gnd. in tieffister Demuth umb die Gnad, damit Er von Ew. Gnd. und Euch MGH. den Kriegsräthen an Hohem Orth, wo es nöthig sein wurde, in Consideration gezogen, und Ihme etwas weniges jährliches Einkomens allergnädigst möchte zugetheilet werden, dessen Gott ein reicher Vergelter und Ew. Gnd. starker Gott und Erhalter seye." —

Das Zürcher-Archiv besitzt eine „Chorographische Landtafel, darinnen vorgestellt der Ober- und Undere Theil der Freyen Aempter, wie solche A. 1712 vermög dess Arauischen Friedens von einander gesondert worden. Alles mit Fleis gemessen und in Grund gelegt von Johann Adam Riediger Ing. 1727", — eine sehr schöne und fleissig ausgeführte, sogar künstlerisch durch schöne Wappen-Schilder und Wappen-Halter bemerkenswerthe Karte von 188 auf 108 cm., die auch in ihrer Anlage recht wohl gelungen ist (9) , und durch neue Ueberarbeitung und Vervollständigung der frühem Pläne entstanden sein dürfte. —

Von spätern Arbeiten Rüdigers führt Haller noch von 1729 eine „Karte der Aemter Murten und Wiflisburg", und von 1733 eine „Generalkarte der Grafschaft Thurgeuw" an, ohne jedoch beizufügen, wo er diese Karten fand. Ferner hat mir Herr Dr. Blösch aus dem Berner-Rathsmanual von 1729 I 15 die Notiz mitgetheilt: „Supplikation von Herr Rüdiger, dass Ihme die Mathematische stell, so Herr Küentzi sei. besessen, conferirt werden möchte. Anfrage an Sekelmeister und Vennerkollegium ob diese stelle zu continuiren? wem zu conferiren?" —

Sonst zeigen sich keine weitern Spuren mehr von Rüdiger's Aufenthalt in der Schweiz, und man erfährt nur noch (10) , dass er sich später an den herzoglich Würtembergischen Hof begeben und Unterricht in der angewandten Mathematik ertheilt habe , — schliesslich an den Markgräflich Bayreuthischen Hof übergesiedelt, dort als Feldmesser und bei Verbesserung der Landstrassen gebraucht worden, und daselbst 1757 gestorben sei.