Kapitel V. Spätere Detailarbeiten

 

57. Einige andere Kartographen des 18. Jahrhunderts.

An die im Vorhergehenden gegebenen einlässlichen Besprechungen der wichtigern kartographischen Leistungen des 18. Jahrhunderts mögen sich noch einige beiläufige, und in keiner Richtung auf Vollständigkeit Anspruch machende Notizen über andere Arbeiten jener Zeit anschliessen:

Zunächst mag als Arbeit eines muthmasslichen Autodidakten, eines Benedict Roth von Grossaffoltern bei Aarberg (1), eine Schweizerkarte angeführt werden, welche unter dem Titel „Nova totius Helvetiae tabula exhibens ejus XIII Pagos Cantones dictos, una cum sociorum ditionibus atque communium subditorum provinciis. Adornata et aeri incisa a Benidicto Roth, Bernensis. 1730" erschien, — 60 auf 46 cm. hält, — in Beziehung auf die Anlage viel zu wünschen übrig lässt, jedoch von selbstständiger Arbeit zeugt (2), — ein sorgfältig construirtes, die Abnahme der Längengrade in höherer Breite berücksichtigendes Gradnetz besitzt (3), — und endlich die Eigenthümlichkeit hat, dass durch verschiedenfarbige Abgrenzungen einerseits die Confessionen und anderseits die Unterthanen-Verhältnisse zur Anschauung gebracht sind. Im Berner-Rathsmanual von 1730 VI l liest man: „Dem Bendicht Roht von Affoltern wegen dedicirter Schweizerkarte sechs Thaler verordnet", — und auf dem Exemplar der Karte, welches die Vaterländische Bibliothek in Basel besitzt, liest man die von B„Benedict Roth" eigenhändig „Bern den 8 Dez. 1731" geschriebenen Worte: „Ich ersuche MHH. Thurneisen Buchhändler von Basel die Kupferplatten von diesem abdruck bey jemandem anzubringen und zu verkauften" (4). —

Die von Loys de Bochat (5) mit dem dritten Bande seiner 1747—49 bei dem berühmten Verleger Bousquet in Lausanne (6) herausgekommenen „Mémoires critiques sur l'histoire ancienne de la Suisse" unter Aufschrift „Carte pour l'histoire ancienne de l'Helvetie. A Lausanne chès Bousquet. 1749" auf 4 Blättern von zusammen 87 auf 64 cm. herausgegebene Karte ist in allen Beziehungen so miserabel (7), dass ich sie nur anführe, weil Loys de Cheseaux (8) sich die Mühe genommen hatte für dieselbe ein gut orientirtes Gradnetz zu entwerfen (9), in welches dann aber der Detail in so nachlässiger Weise eingetragen wurde, dass ich nach wenigen Proben von einer weitern Prüfung gänzlich abstrahirte. —

Ebenfalls ziemlich unbedeutend ist eine Schweizerkarte von 49 auf 37 cm., welche Heinrich Körner (10) zeichnete, durch Joh. Rudolf Holzhalb (11) stechen liess, und 1785 unter dem Titel „Geographisches Verzeichniss der merkwürdigsten Orte in der Schweiz. Zum Schulgebrauch" herausgab; für die Anlage folgte er zunächst Gyger und Scheuchzer, aber nicht ohne gehörige Fehler unterlaufen zu lassen (12), — die Terrainzeichnung hält ungefähr die Mitte zwischen s. Vorbildern. Ungefähr zu derselben Zeit liess er auch ein die Schweiz betreffendes geographisches Kartenspiel erscheinen. —

Die dem Berner-Schultheissen Albrecht Friedrich von Erlach gewidmete, durch Aldring unter Aufsicht des französischen Geographen Robert de Vaugondy gestochene, und 1769 von Buchhändler Grasset in Lausanne (13) verlegte „Carte de la Suisse où sont les treize Cantons, leurs Alliés et leurs Sujets. Dressée sur les meilleurs auteurs et d'après des observations faites sur les lieux" stimmt nach ihrer Anlage (14) am meisten mit derjenigen von Merveilleux (15) überein; gegen Tob. Mayer (16) steht sie sowohl in dieser Beziehung, als namentlich auch in der Orientirung des Gradnetzes etwas zurück, und in Beziehung auf Zeichnung und Detail ist sie kaum vorzüglicher. Man würde z.B. nach ihr zwischen Engelberg und Altorf eine Ebene vermuthen, wenn nicht ein für eingeführtes und dort angebrachtes Zeichen auf das Gegentheil deuten würde; auch die Rechtschreibung lässt sehr zu wünschen übrig (17)

Die „Tableaux topographiques, pittoresques, physiques, historiques, moraux, politiques, littéraires de la Suisse. Paris 1780—86, 2 Vol. in fol., Atlas in fol.", bei denen General Zurlauben von Zug betheiligt gewesen sein soll, enthalten ausser einer Menge von Ansichten und der bei anderer Gelegenheit zu besprechenden Dunker'sehen Alpenansicht, auch 5 Karten, von welchen jedoch 4 im Werke selbst als Reproductionen der uns schon bekannten Karten von Bruckner, Loup, Merveilleux und Peyer bezeichnet sind, so dass hier nur Eine, die „Carte generale de la Suisse par Clermont. 1781" zu erwähnen bleibt. Sie ist sauber gestochen, und scheint eine Compilation aus den Karten von Scheuchzer, Grasset, etc. zu sein, mit denen auch die Genauigkeit ihrer Anlage so ziemlich übereinstimmt (18). —

Der bekannte Kupferstecher Christian von Mecheln (19) gab 1799 zu Basel unter dem Titel „Carte générale de la Suisse suivant ses nouvelles divisions, qui comprennent les ci-devant XIII Cantons, leurs Alliés et Sujets, et forment actuellement la République helvétique une et indivisible. Dressée sur des matériaux authentiques, puis revue et corrigée d'après des observations exactes faites sur ces lieux" eine Schweizerkarte von 64 auf 48 cm. heraus, welche aber trotz dem vielversprechenden Titel nach ihrer Anlage so ziemlich mit derjenigen von Grasset übereinstimmt (20), und auch in Beziehung auf Detail und Terrainzeichnung keinerlei erhebliche Fortschritte zeigt. —

Die von dem Kupferstecher Joh. Heinrich Freytag (21) 1742 für Bluntschli's „Memorabilia Tigurina" unter dem Titel „Nova et accurata Agri Tigurini cum Confiniis Tabula geographica ex Cel. Scheuchzeri et Gygeri Observationibus constructa" gestochene Karte von 42 auf 37 cm. kann nicht als ein Meisterstück bezeichnet werden, da sie im höchsten Grade unschön und unleserlich ist; aber nach ihrer Anlage, für welche zunächst Gyger benutzt wurde, kann man sie, obschon einige bei Letzterm nicht vorkommende Fehler aus Scheuchzer herüber geholt worden sind, als nicht übel taxiren (22). Nach Haller soll Freytag „mit grosser Mühe" auch einen illuminirten Handriss „Landkarte der fünf löbl. kathol. Orten und dem Zürichgebiet und angrenzendem Bernergebiet" verfertigt haben.

Kupferstecher Herrliberger (23) ist namentlich durch seine „Neue und vollständige Topographie der Eydgnossschaft. Zürich 1754 — Basel 1758, 2 Bde. in 4" bekannt geworden, welche 277 zum Theil recht hübsch ausgeführte Prospecte und Pläne (24), und im Texte eine Unmasse historischer und naturwissenschaftlicher Daten enthält (25). Ueberdiess verdankt man ihm aber auch eine unter dem Titel „Die Land-Grafschafft Thurgau, mit allen darin liegenden Herrschaften«, Städten, Clösteren, Schlösseren, etc." gestochene Karte von 32 auf 21 cm., die nicht übel angelegt (26), und muthmasslich auf die Nötzli'sehe Karte basirt ist (27). —

Die von Jakob Büeler (28) im Jahre 1784 bei J. M. Probst in Augsburg aufgelegte Karte „Die Grafschaft Toggenburg", ein Blatt von 46 auf 57 cm., ist ganz in der Walser'sehen Manier gehalten und in Beziehung auf Bergzeichnung somit höchst mangelhaft (29); dagegen ist die Anlage nicht übel (30), und constatirt einen erheblichen Fortschritt gegen Scheuchzer's Karte dieser Gegend.—

Die math. milit. Gesellschaft in Zürich besitzt einen Plan von 35 auf 44 cm. mit dem Titel „Geometrischer Grundriss des Klosters Pfeffers Gerichten und des Calveiser Thals im Sarganser Land gelegen; aus Schäppi's grossem Plan auf Hr Nidristen Maassstab verjüngt und eingerichtet. Anno 1734"; er ist ganz artig ausgeführt und trotz der schwierigen Terrain-Verhältnisse recht genau (31). Leider habe ich über Schäppi, welchen ich für einen Jakob Schäppi von Horgen halten muss, da einerseits die Schäppi dort vorzugsweise zu Hause sind, und anderseits Haller von einem „Jakob Schäpp" spricht, der eine „Mappa pagi et diocesis Horgensis" verfertigt habe (32), in Horgen absolut keine Nachrichten auftreiben können, — und was Nidrist anbelangt, so kann ich bloss vermuthen, dass er mit dem Hauptmann Jost Rudolf Nider ist von Schwyz (33) irgendwie zusammenhänge, der nach Holzhalb 1746 einen „Accuraten Grundriss von dem Hauptflecken Schweiz mit der umliegenden Gegend" anfertigte, der sich wirklich noch in neuerer Zeit auf dem Rathhaus zu Schwyz befunden haben soll (34). —

Der berühmte Naturforscher Cappeler (35) legte 1767 seiner „Pilati montis Historia" eine nach eigenen Messungen gezeichnete Karte des Pilatus und eines Theiles des Vierwaldstättersees bei, welche für jene Zeit nicht übel war, jedenfalls in dem den See betreffenden Theile einen grossen Fortschritt gegen die Karte von Cysat zeigt (36). — Noch fast mehr interessirt uns, dass Cappeler 1726 X 15 an die Luzerner-Regierung schrieb: „Ess will MGH. gefallen eine exacte topographie ihrer Landschafft verfertigen zu lassen, darzu sie Meiner Wenigkeit brauchen wollen. Disess ist ursach dass ich eine schon lang invenirte Manier nun vollkommen inss werk gesezet, dadurch in einem tag ein einziger Geometra mehr Land auff dass papier bringen kan, alss 10 andere, und dass so precis und umständlich, dass kein einiges Objectum aussbleibet, und sich alless ohne sonderliche arbeit eintragen lasset. Wass noch dass verwunderlichst ist, so habe ich nicht einmahl von nöthen beyder Stationen distanz zu wissen.
Alle bissher gebrauchte Methodes sind en egard diser Lauter pfusch werk. Nur ein wort darvon zu sagen, so wird solche durch hilff zweyer prospectus, die in gar wenig zeit könen gemacht werden, zu wegen gebracht. Ich flattiere mich dass disess die Letzte invention seye, die man zum Landverzeichnen erdenken könne."
Ob Cappeler diese Methode für oben besprochene Karte wirklich gebraucht habe, und was aus jener Kantonsaufnahme geworden sei, weiss ich nicht; aber es ist jedenfalls interessant schon bei ihm Kenntniss einer Methode zu finden, welche man sonst als eine Erfindung des viel späten Beautemps-Beaupré bezeichnet, sowie es nicht minder interessant ist, schon in einem 1729 II 2 von ihm an Scheuchzer geschriebenen Briefe zu lesen: „Wegen dem Universal-Maass bin ich der Meinung, dass das beste sey die longitudo penduli so just ein Secund schlaget." —

Die von dem Schriftgiesser Wilhelm Haas (37) unter der Aufschrift „Prodromus tentaminis typometrici majoris Rempublicam Basileensem, secundum Aug. Gottl. Preuschenii nec non Gullielmini Haasii Systema typometricum describens Basileae 1776" auf einem Blättchen von 22 auf 17½ cm. publicirte Karte, wird hier nur als eines der ersten Probestücke „der Erfindung Landkarten wie Bücher zu setzen und zu drucken" angeführt; die spätern Arbeiten dieser Art glaubte ich hier übergehen zu sollen. —

Vom Bisthum Basel führt Haller zwei Handrisse an, den einen von Dr. Neuhaus (38), den ändern von einem Herrn Bajol in Delsberg: Von Ersterm fand ich nun keine Spur; dagegen sah ich in der Falkeisen'schen Sammlung zu Basel einen mittelmässig ausgeführten Handriss von 55 auf 40 cm. mit der Aufschrift „Carte de l'Evêché de Bale. — Auctor Mr Bajol de Dellemont. — H. F. fecit 1781", — also wohl eine von H. F. gemachte Copie der gesuchten Karte von Bajol, deren Anlage ich besser fand (39), als ich erwartete. Jedenfalls ist sie in dieser Beziehung richtiger, als eine in Aqua tinta ausgeführte, 45 auf 34 cm. haltende Karte des „Ci-devant Evèché de Bale réuni à la France" (40), welche ich in der Sammlung der math. milit. Gesellschaft in Zürich mit einem angehängten Zettelchen fand, auf welchem man liest: „Um etwannige unrichtige begrieffe und betrachtungen welche über die bischöffl. basslesche Gränzen vorwalthen möchten besser aufläuteren und aufheiteren zu helfen, communicirt Burgermeister und Geheime Rath der Statt Biel dem Geheimen Rath von Zürich sub 20 Mai 1797 eine Geographische Charte mit den Topographischen Gebirgsanzeigen." Gerade die Gebirgszeichnung ist aber ganz misslungen. —

Die Zeichnung des Genfer-See's auf der 109 auf 50 cm. haltenden „Carta degli Stati di S. M. il Re di Sardegna continente il Piemonte, la Savoja, etc. presa dalla carta originale del celebre Borgonio con molte aggiunte e miglioramenti di Andrea Dury 1765" stimmt fast ganz mit der von Chopy zusammen (41). — Die Sammlung der math. milit. Gesellschaft in Zürich besitzt eine Handzeichnung von 29Va auf 23 cm., welche den Titel zeigt „Karte der Helvetischen Gränze der Republik Wallis gegen das Piemont, aus der Karte von Borgogno und eigenen Lokalbeobachtungen zusammengetragen von J. C. Escher 1797", also unzweifelhaft von dem nachmals so berühmt gewordenen Escher von der Linth (42) herrührt, — in ihrer Anlage, welche leider der Karte von Borgonio anstatt der weit bessern von Lambien entnommen wurde, sehr mangelhaft ist (43), — dagegen nach der in Tusch ausgeführten, zum Theil ganz musterhaften Terrainzeichnung für damalige Zeit als höchst bemerkenswert bezeichnet werden darf. —

Obschon vorzugsweise für militärische Arbeiten und Instruction verwendet, war Hauptmann Lanz (44) auch als Ingenieur sehr tüchtig, wie s. Plan für die Linth-Correction beweist, und er machte nicht nur 1783 zu diesem Zwecke verschiedene Aufnahmen am Wallensee, sondern Hassler verzeichnet nicht weniger als 17 Pläne, die Lanz in den Jahren 1779—97 für öffentliche Zwecke aufnahm. —

Beiläufig mag auch der 1790 von Sinner (45) herausgegebene Plan von Bern erwähnt werden.

Endlich ist noch beizufügen,
dass man im helvetischen Almanach auf 1808 liest: „Auf dem Rathhause zu Herisau befindet sich eine topographische Tabelle der Aeussern Rhoden und eines Theils der ehemals fürstl. St. Gallischen Landschaft, die sich durch Genauigkeit vor den Walser'schen Charten auszeichnet, obgleich sie älter ist, und auch keine Vermessungen zum Grunde hat", —
dass Haller von einem den Kanton Freiburg betreffenden Handriss spricht, welchen Charles Castellaz de Montagny 1775 verfertigt habe, — und
dass ebenfalls Haller erzählt: „Der junge Herr von Salis, ein Sohn des Ministers (46) , hat eine recht gute Reisekarte vom Veltlin gezeichnet; eine Copie hat Herr Ziegler zu Zürich", dass ich aber in der Ziegler'sehen Sammlung keine solche Karte gefunden habe, und dass auch der noch lebende Sohn des angeblichen Verfertigers nichts von einer solchen weiss.