Kapitel VI. Die Sternwarten in Zürich und Genf.

 

61. Die ersten Sternwarten in Zürich.

Durch einen Vortrag, welchen Johannes Gessner am 9, Januar 1747 „Von der Grosse und Lage der Stadt Zürich" hielt (1), wurde die Physicalische Gesellschaft darauf aufmerksam gemacht, wie wünschenswerth es wäre die geographische Lagevon Zürich durch neue Beobachtungen besser zu bestimmen, und fasste nun den Entschluss die hiefür nöthigen Instrumente nach und nach anzuschaffen. „Der gesegnete Anwachs unserer Gesellschaft", erzählen sodann die Acten von 1750 I 12, „setzte uns in den Stand das vorige Jahr dieses Vorhaben auszuführen, und uns einen prächtigen Azimuthaiquadranten von Brander in Augsburg verfertigen zu lassen, welcher in dieser Versammlung zu sonderbahrem Vergnügen der Gesell-schaft vorgewiesen worden."

Leider fehlte aber noch ein für Aufstellung dieses Instrumentes passender Raum, und erst als die Gesellschaft 1757 nach Bau des Zunfthauses zur Meise geeignete Localien für ihre Sitzungen und Sammlungen erhielt, wurde es möglich auf dem Dache die hiefür nöthigen Vorrichtungen anzubringen, so dass endlich 1759 V 3 Gessner die Beobachtungen mit einer Bestimmung der Polhöhe aus der Sonnen-Culmination beginnen konnte, wobei er dafür den ganz ordentlichen Werth von 47° 22' 14" erhielt (2)

Es wurde hierauf ziemlich fleissig beobachtet, und so unter Anderm auch der Venusdurchgang von 1761 VI 6, bei welchem jedoch leider wegen bewölktem Himmel die nöthige Zeitbestimmung misslang. Jedoch hielt der Eifer nicht lange vor, theils weil Gessner durch Krankheit verhindert wurde den nöthigen Impuls zu geben, theils namentlich auch weil die Observationsstelle sich immer mehr als ganz unzweckmässig herausstellte, da sie keine feste Aufstellung der Instrumente erlaubte (3). —

Als Sulzer (4) 1763 auf Besuch in Zürich war und die betreffenden Klagen hörte, machte er den Vorschlag „man solle auf irgend einem bequemen Wall der Fortification einen festen Boden legen, so werde derselbe alle Dienste eines Observatorii leisten können". Leider ging man jedoch auf diese Idee, welche bei einiger Modifikation ganz gut gewesen wäre, nicht ein, sondern als die Gesellschaft in Römer (5), Breitinger (6) und Waser (7) wieder einige Mitglieder erhalten hatte, welche zum Anstellen von Beobachtungen sowohl geneigt, als geeignet waren, so kam man bei der Regierung darum ein, sie möchte auf der Gallerie des Karlsthurmes vom Grossmünster ein kleines Beobachtungslocal herrichten.

Es geschah diess sodann auch wirklich, so dass 1773 der Jahresbericht-Erstatter der Gesellschaft melden konnte: „Ich habe das Vergnügen anzuzeigen, dass der von UGH. uns gnädigst übergebene und zu unsern Bedürfnissen auf dem Caroli-Thurm eingerichtete Platz nach und nach, sonderbar auch durch den Fleiss unsers Herrn Pfarrer Waser (8) zu einem bequemen Observatorium eingerichtet wird." Die Freude dauerte jedoch nicht lange; denn kaum hatte man im Frühjahr 1774 die Instrumente auf den Thurm gebracht (9), so begannen wieder allerlei Klagen über Unbequemlichkeiten, ungenügenden Verschluss gegen den Regen, etc., — ja einige Jahre später musste sogar, wegen nöthig gewordenen Bauten am Thurme, das Local momentan wieder ganz geräumt werden, und es schloss sich so die erste Periode der Zürcher-Sternwarten ohne sehr bedeutende Resultate ab (10).