Kapitel VI. Die Sternwarten in Zürich und Genf.

 

62. Jacques-André Mallet

Zu Genf im Jahre 1740 geboren, wurde Jacques-André Mallet, den ohnehin ein lahmes Bein auf eine gelehrte Laufbahn hinwies, schon während s. Besuches der Genfer-Academie besonders von dem mathematischen Unterrichte angezogen, welchen damals Louis Necker (1) ertheilte, und sodann in Basel, wo er von 1760—1762 studirte, durch Daniel und Johannes II Bernoulli ganz für diese Fächer gewonnen. Auf einer Reise nach Frankreich und England mit Lalande und Maskelyne bekannt geworden und durch sie auch noch in die praktische Astronomie eingeführt, kam ihm der Wunsch, an den Venus-Expeditionen von 1769 Theil nehmen zu können, und er erhielt dann wirklich durch Daniel Bernoulli's Vermittlung den Auftrag auf russische Kosten eine Station zu Ponoi in Lappland zu versehen, und noch einen zweiten Beobachter für Umba mitzunehmen, wofür er s. Freund Louis Pictet (2) engagirte.

Nach Rückkehr von dieser Reise, welche vom April 1768 bis zum October 1769 dauerte, und, wegen Ungunst der Witterung am Haupttage, ohne Schuld von Mallet nur von halbem Erfolge war, begann alsbald s. regelmässige astronomische Thätigkeit, von welcher unter der folgenden Nummer speciell gesprochen werden wird, und der er, unterstützt von s. Schülern und nachmaligen Freunden Jean Trembley (3) und Marc-Auguste Pictet (4), bis zu seinem leider schon 1790 erfolgten Tode treu blieb. —

Von der übrigen wissenschaftlichen und gemeinnützlichen Thätigkeit unsers Mallet hier Umgang nehmend (5) mag dagegen noch kurz der früher schon (6) beiläufig erwähnten geodätischen Arbeiten gedacht werden, die er Anfangs der 70er Jahre gemeinsam mit dem jüngern Pictet unternahm : Der Vorwurf für diese Arbeiten war, gestützt auf trigonometrische Grundlagen, eine Karte des Genfersee's und s. nächsten Umgebungen aufzunehmen, und die Ausführung derselben war 1773 bereits im Gange (7), 1779 noch im Zuge (8), — ob sie aber je ganz vollendet wurde, und welches das schliessliche Schicksal des wohl im Einzelnen von Pictet in sofort näher zu bezeichnender Weise benutzten, aber nie als ein Ganzes publicirten Materiales war, wüsste ich nicht anzugeben.

Gewiss ist dagegen, dass im Laufe der Vermessungen eine Reihe von Seetiefen (9) und Seetemperaturen (10) bestimmt wurden, und dass überdiess Pictet im Anschlusse an dieselben auf verschiedenen Reisen, welche er, 1778 und später, mit Saussure (11) in die savoyischen Hochalpen machte, ein nicht unbedeutendes weiteres Material sammelte, um nach dem Wunsche des Letztern zwei Karten für dessen grosses Reisewerk entwerfen zu können.

Auf der ersten dieser Karten, die 43 auf 22 cm. hält, liest man:
„Carte du lac de Genève et des montagnes adjacentes. — Cette Carte est réduite de celle de Borgonio. On n'en a rectifié que la position des montagnes (12), qu'on a aussi cherché à dessiner de manière à donner une idée plus juste de leur vraie figure; celles qui sont moins connues ont une teinte plus légère et la partie laissée en blanc se trouve représentée exactement dans la carte particulière ci-contre, dressée d'après des opérations trigonométriques, et dont on n'a pu faire quadrer les positions avec celles de la carte de Borgonio qui ne parait fondée dans cette partie sur aucune mesure exacte", — Signaturen zeigt sie keine, — kömmt in Beziehung auf die Darstellung des Sees derjenigen von Chopy nicht ganz bei (13), — zeichnet sich aber durch Angabe einiger Seetiefen, welche ich in den ältern Karten vergeblich suchte, vortheilhaft aus.

In einer Ecke ist eine kleine, etwa auf den halben Maassstab der Hauptkarte reducirte „Carte particulière des glaciers du Faucigny et des environs du Montblanc" angebracht, welche auf der zweiten Karte zu basiren scheint, die 49 auf 42 cm. hält, — die Aufschrift „Carte de la partie des Alpes qui avoisine le Montblanc. — M. A. P. fecit" besitzt, — in Berücksichtigung des äusserst schwierigen Terrains als ziemlich genau bezeichnet werden darf (14), — während dagegen allerdings die Bergzeichnung nicht sehr köstlich ist. —

Zum Schlusse mag noch des mechanischen Beistandes von Mallet und Pictet, des von 1733 bis 1796 lebenden Mechanikers Jacques Paul gedacht werden (15): Er war Sohn eines von Bordeaux gebürtigen, als Proselyt nach Genf gekommenen Zinngiessers Nicolas Paul, erlernte zunächst den Beruf s. Vaters, ging dann aber zur Mechanik über, und arbeitete von 1755 bis 1757 in der berühmten Werkstätte von Canivet in Paris, nebenbei die Vorlesungen von Abbé Nollet hörend. Nach Genf zurückgekehrt und dort eingebürgert, machte er sich zunächst als Maass- und Gewichtsinspektor, Director der Machine hydraulique, etc. um s. neue Heimat verdient, construirte aber auch für unsere beiden Mathematiker, soweit sie ihre Instrumente nicht von Paris oder London, bezogen, die nöthigen Hülfsmittel, und ebenso für Deluc Reisebarometer, für Saussure Hygrometer, Waagen und andere physikalische Instrumente, etc.

Einer s. Söhne, Nicolas (16), unterstützte ihn jn spätem Jahren und trat nach des Vaters Tod in s. Fussstapfen, — ja noch dessen Sohn, Jean-Theodore (17), blieb während s. kurzen irdischen Laufbahn den Traditionen der Familie treu (18).