Kapitel VI. Die Sternwarten in Zürich und Genf.

 

64. Einige Privatsternwarten jener Zeit.

An die bereits besprochene Privatsternwarte der Fatio (1) schliesst sich zunächst diejenige an, welche sich Philippe Loys (2) auf s. väterlichen Gute zu Cheseaux bei Lausanne einrichtete: Zu Lausanne 1718, von einer Tochter des berühmten Mathematikers und Philosophen Jean-Pierre de Crousaz (3), dem Venner Paul-Louis Loys, Herrn zu Cheseaux, geboren, hatte sich Philippe Loys, als wahres Wunderkind, mit einer merkwürdigen Leichtigkeit in allen möglichen Wissenschaften und Künsten in verhältnissmässig kurzer Frist und fast ohne Anleitung die schönsten Kenntnisse erworben, aber ganz besonders auch Mathematik und Astronomie liebgewonnen, und sich namentlich um letztere Wissenschaft durch seinen 1744 ausgegebenen „Traité de la Comète qui a paru en Décembre 1743 et en Janvier, Février et Mars 1744" so grosse Verdienste erworben, dass sein Name ihrer Geschichte heimgefallen ist (4).

Es geht aus diesem Werke hervor, dass Loys schon 1736 einen selbst construirten Gnomon, eine gute Pendeluhr, ein 14-füssiges Fernrohr, und einen 18-zölligen, bis auf 15" zuverlässigen Quadranten von Bion besass, — dass er diese Instrumente mit Geschick und Einsicht zu behandeln wusste, — und unter Anderm fleissigen Gebrauch davon machte, um theils die Lage s. Sternwarte, theils auch die Positionen mehrerer anderer Punkte der Waadt zu bestimmen.

Für Erstere, die 11s westlich und 3' 20" nördlich von Lausanne lag, erhielt er aus verschiedenen Finsternissen und dem Merkurdurchgange von 1736 die Pariserlänge 17m 30s, und aus zahlreichen Meridianhöhen von Sonne und Fixsternen die Breite 46° 34' 25". —

 

In zweiter Linie ist die Privatsternwarte zu erwähnen, welche fast ein halbes Jahrhundert später die Schumacher in der Nähe von Luzern besassen:

Zu Luzern 1725 geboren, hatte Franz Anton Placid Leodegar Schumacher gute Studien in Bologna gemacht, war 1762 Landvogt zu Luggarus geworden, und hatte 1770 durch Franz III von Modena den Titel eines Ingenieur-Hauptmanns erhalten (5). Im Jahre 1772 „liess er auf dem Edelsitze Himmelreich, gleich aussert der Statt Luzern, ein prächtiges Gebäude aufführen, um daselbst in Ruhe s. übrigen Lebenstage zuzubringen", und in diesem richtete er sich auch für astronomische Beobachtungen ein (6), — zog zur Zeitbestimmung eine 40 Fuss lange Mittagslinie, — rüstete sich auf's Beste mit astronomischen Instrumenten aus (7), — ja verfertigte sich selbst mehrere grosse Teleskope.

Auch sein 1755 geborner Sohn Franz Xaver Placid Aloys Schumacher, der ebenfalls in Bologna studirt hatte, 1774 Kammerherr des Herzogs von Modena, 1777 Landvogt zu Kriens und 1782 Landshauptmann zu Wyl geworden war, scheint sich später in das „Himmelreich" zurückgezogen, und dort mit dem Vater beobachtet zu haben. Leider liessen sich aber die beiden Schumacher ein einziges Mal herbei über ihre astronomischen Bestimmungen öffentlich zu berichten, — nämlich bei Anlass des Merkur-Durchganges vom 4. Mai 1786, wo der Eine von ihnen (8) an die Redaction der Zürcher „Monatlichen Nachrichten" Bericht erstattete. Man erfährt so, dass zur Beobachtung des Durchganges ein achromatisches Fernrohr „welches die Sonnenscheibe über zwey Schuh vergrössert" und eine „auf den Meridian gerichtete Secundenuhr" benutzt wurde, — dass beim Aufgange der Sonne über den Bergen die Immersion schon vorüber war, dagegen die Conjunction in Länge um 6h 6m 21s , und die Emersion um 9h 3m 21s beobachtet werden konnte, — beiläufig auch dass die Sonne „nie so viel Flecken wie diessmal hatte", — und endlich, dass die Polhöhe von Luzern gleich 46° 57', diejenige von St. Urban gleich 47° 13' gefunden worden sei.

Noch besitzt man von dem Jüngern Schumacher eine „Elevation der Stadt Luzern", nämlich einen von Clausner sehr hübsch gestochenen Stadtplan „à vue d'oiseau" von 105 auf 78 cm., in dessen einer Ecke ein geometrischer Plan von 30 auf 16 cm. mit der Aufschrift „Plan der Stadt Luzern. Geometrisch aufgenommen von Franz Xaver Schumacher, alt Landvogt zu Kriens. 1792" angebracht ist. Vater Leodegar starb 1793, — der Sohn Franz Xaver dagegen, der sich später wieder nach Italien begab, muthmasslich 1808 zu Venedig (9). —

 

Von einer dritten Privatsternwarte endlich, welche sich der durch seine „Dendrologie" und seine durch Lambert publicirten Bodentemperaturen rühmlich bekannte Joh. Jakob Ott (10) in s. Hause in der Schipfe zu Zürich angelegt und mit schönen Instrumenten von Brander ausgerüstet haben soll, konnte ich gar nichts Näheres vernehmen.