Kapitel XVI. Der Alpenübergang und die erste Commissionssitzung.

 

135. Die Schweizerische naturforschende Gesellschaft.

Nach verschiedenen, durch die Ungunst der Zeiten immer wieder vereitelten Versuchen die schweizerischen Naturforscher zu einer allgemeinen Gesellschaft zu vereinigen, gelang es endlich im Jahre 1815 den vereinigten Bemühungen von Gosse in Genf (1) und Wyttenbach in Bern (2) dieses Ziel wirklich zu erreichen (3), — ja bald erstarkte die junge Gesellschaft zusehends, — gab da und dort, wo noch keine kantonalen Gesellschaften bestanden hatten, Veranlassung zur Gründung solcher, die Muttergesellschaft in ihren Bestrebungen unterstützenden Vereinigungen (4), — und gewann nach und nach überhaupt eine gewisse Autorität im Lande, so dass auf ihre Stimme gehört, wohl sogar ihr Gutachten über einzelne Fragen eingeholt wurde.

Schon im Jahre 1828, wo sie in Lausanne tagte, besass die Gesellschaft eine solche Bedeutung, dass Studer nicht nur durch eine allfällige materielle, sondern sogar schon durch ihre moralische Unterstützung mehr zu erreichen hoffen konnte als auf jedem andern Wege, und also ganz wohl daran that ihr die gewünschte Erstellung einer brauchbaren Schweizerkarte als eine für sie passende Aufgabe zu unterbreiten.

Die Gesellschaft nahm dieselbe auch wirklich mit Interesse an die Hand, und bestellte eine aus Trechsel, Studer, Horner (5), Merian, Necker, Charpentier und Lardy bestehende Commission, mit dem Auftrage die angeregte Aufgabe zu berathen und ein geeignetes Programm für ihre Lösung zu hinterbringen.

Die Commission erstattete in der folgenden, 1829 auf dem Grossen St. Bernhard statt habenden Sitzung einen günstigen Rapport, und es wurde sodann auf Usteri's Antrag beschlossen die Kosten der Verfertigung einer solchen Karte durch Sammlung von Unterschriften zu decken, da man ziemlich allgemein der Ansicht huldigte, es sei diess kein Fall, wo man den Vorort und die Kantone um Mitwirkung angehen könne.

Den Entwurf zu einer Aufforderung zur Subscription zu machen übernahm Studer, und es hatte während des Winters zwischen ihm und einigen andern Comissionsgliedern, wie namentlich auch Horner (6), ein lebhafter Gedankenaustausch statt, indem die Ansichten wesentlich darin auseinander gingen, wie man sich gegenüber der Militär-Aufsichtsbehörde und den durch sie angeordneten Arbeiten verhalten wolle, und ob die Aufforderung an alle Interessirten oder nur an die Schweizer adressirt werden solle (7); endlich verständigte man sich dahin, dass man sich mit jener Behörde möglichst ins Einverständniss setzen, und sich für die Subscription in erster Linie auf die Schweiz beschränken wolle, und es wurde sodann wirklich 1830 bei der in St.Gallen statt findenden Jahresversammlung eine von Charpentier, Horner und Studer unterzeichnete
„Einladung zu Unterschriften für die Aufnahme und Ausgabe einer topographischen Specialkarte der Schweizeralpen"
ausgetheilt, nach der jeder Subscribent sich verpflichtete während 5 Jahren im Minimum jährlich 16 Schweizerfranken beizutragen.
Zugleich wurde beschlossen sich mit der eidg. Militärbehörde zu gemeinschaftlicher Untersuchung, wie der Zweck am besten erreicht werden könne, in Verbindung zu setzen. —

Die der Juli-Revolution auch in der Schweiz folgenden politischen Wirren waren nun allerdings der Subscription nichts weniger als günstig, so dass diese so ziemlich in den Sand verlief; dagegen ging die durch die ganze Verhandlung erfolgte Anregung keineswegs verloren, und es war zweifelsohne die sofort zu besprechende Einberufung einer eidg. Commission eine Folge derselben, — und ebenso ist die materielle Unterstützung, durch welche die Schweiz. naturf. Gesellschaft, wie wir, bald hören werden (8), die topographische Aufnahme in Fluss brachte, als eine solche zu betrachten. —

„Da die Gesellschaft auf die Herausgabe nicht nur einer geologischen, sondern auch einer topographischen Karte, gern oder ungern, verzichten musste",
füge ich zum Schlusse mit den Worten Siegfried's bei (9),
„so traten unsere beiden tüchtigsten Geologen, Studer und Escher, in den Riss, und steckten sich das grosse Ziel, von sich aus eine geologische Karte der Schweiz herzustellen, — die auf ihren Reisen, für welche ihnen indessen ihre Vorlesungen nur wenige Sommerwochen übrig Hessen, gewonnenen Ergebnisse, nebst den aus den Werken anderer Geologen gesammelten Notizen in eine gute Karte einzutragen.

Es hatte sich zuerst Osterwald anerboten eine solche zu Auftragung der geologischen Farben zu liefern, ein Anerbieten das mit Dank angenommen wurde. Da indess derselbe keinen, auch noch so fernen Zeitpunkt angeben konnte, auf welchen er die Karte liefern würde, wurden Unterhandlungen mit Ziegler in Winterthur eingeleitet, und nachdem Osterwald darauf hin s. Rücktritt erklärt hatte, wurde mit Ziegler die Sache ins Reine gebracht (10).

Einzelne Abtheilungen dieser geologischen Karte wurden schon 1850 der Versammlung in Aarau vorgewiesen, welche diese längst ersehnte Arbeit mit Freuden begrüsste. Einen ausführlichen Bericht erstattete Studer selbst, als er 1852 zu Sitten die westliche Hälfte vorlegen konnte.

Die vollendete Karte wies Thurmann 1853 zu Pruntrut der Gesellschaft vor, und Lardy begleitete dieselbe mit einigen Erläuterungen über deren allmäliges Zustandekommen. Die Gesellschaft sprach den beiden für die Förderung der vaterländischen Geologie unermüdeten, uneigennützigen Verfassern den einstimmigen Dank für deren verdienstliche und glücklich zu Ende geführte Arbeit aus."