Kapitel XXI. Die kantonalen Sternwarten.

 

165. Das Bernoullianum in Basel.

Bei der vierhundertjährigen Stiftungsfeier der Universität Basel im Herbst 1860 legten 270 Freunde der Wissenschaften durch Subscription eine Summe von circa 60’000 Fr. zusammen, mit der Bestimmung in Basel eine Sternwarte zu errichten, und 1862 wurde dieser Fond durch Grossrathsbeschluss noch um 10’000 Fr. aus einem verfügbar gewordenen Reservefond der Universität vermehrt (1).

Während aber eine Commission mit Ausarbeitung von Plänen für eine mit den vorhandenen Mitteln erreichbare kleine Sternwarte beschäftigt war, tauchte der Gedanke auf, dem Unternehmen eine grössere Ausdehnung zu geben, und mit der Fürsorge für die Astronomie die Beschaffung neuer Räumlichkeiten für Physik und Chemie zu verbinden.

Diese Vereinbarung konnte jedoch nur erreicht werden, wenn man auf den Plan der Errichtung einer förmlichen Sternwarte verzichtete und nur die Fürsorge für die physicalische Astronomie im Auge behielt.
Diese Beschränkung der Astronomie auf ein specielles Gebiet liess sich rechtfertigen einerseits durch die Entwicklung der physicalischen Astronomie zu einer mehr selbstständigen, überraschende Resultate zu Tage fördernden Wissenschaft, anderseits durch den Umstand, dass die neue Errichtung und zweckmässige Ausstattung der Observatorien in Zürich und Neuenburg die Erstellung einer fernem förmlichen Sternwarte auf schweizerischem Boden (2) als weniger nothwendig erscheinen liess.

Die Kuratel, welcher Behörde in erster Linie die Vorsorge für die Universität obliege, hatte schon im Jahre 1864 dieser Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit zugewendet und Pläne entwerfen lassen, welche die Bedürfnisse der drei genannten Wissenschaften zugleich berücksichtigten. Aber woher sollten die nöthigen Mittel zur Erstellung und Ausrüstung eines solchen Baues genommen werden?
Bei dieser Verlegenheit trat im richtigen Momente die Academische Gesellschaft in den Riss, ein im Jahr 1835 gegründeter Verein, welcher die Hebung und Unterstützung der Universität durch freiwillige Beiträge von Freunden der Wissenschaft bezweckt: Im Jahr 1866 beschloss sie von sich aus die Erstellung einer Anstalt für Physik, Chemie und Astronomie an die Hand zu nehmen, und verständigte sich zu diesem Zwecke mit den frühern Subscribenten für eine Sternwarte über die Errichtung eines gemeinschaftlichen Baues.
Durch Vertrag mit dem Staate, dem die Anstalt nach Vollendung als „Universitätsgut" zufallen sollte, durch Unterstützung von der Stadt und dem Museumsvereine, und durch eine nochmalige Subscription, welche 76’000 Fr. abwarf, brachte es die academische Gesellschaft, die selbst 127’000 Fr. beisteuerte, schliesslich dazu, dass sie über 410’000 Fr. verfügte, welche für Bau und Ausrüstung vollständig hinreichten (3). —

Die Pläne zu dem Bau entwarf J. J. Stehlin, der auch die Bauleitung übernahm. Die feierliche Grundsteinlegung hatte im Sept. 1872 statt, bei welcher Gelegenheit das Gebäude den Namen Bernoullianum erhielt. Die Einweihung und Uebergabe an den Staat erfolgte am 2. Juni 1874. Die Familie Bernoulli schenkte zur Ausschmückung der Vorhalle die Marmorbüsten von Jakob und Johannes Bernoulli, welchen einige Freunde der mathematischen Wissenschaften noch diejenigen von Daniel Bernoulli und Leonhard Euler beifügten. —

Die astronomische Ausrüstung im Betrage von 30’000 Fr. wurde von den Professoren Hagenbach und Burckhardt geleitet (4), welche sich dafür bei den Brünnow, Hirsch, Oppolzer, Plantamour und Wolf Raths erholten (5). An neuen Instrumenten wurden angeschafft:
— Ein von der Société genevoise construirter Meridiankreis von 37½ cm. mit Steinheilschem Objectiv von 67 mm. Oeffnung,
— ein Equatoreal mit Merz'schem Objectiv von 189 mm. Oeffnung auf 3085 mm. Focaldistanz, ebenfalls von der Société genevoise montirt, und, ausser Positionsmicrometer, mit Spectroscop und Apparat zum Photographiren versehen,
— eine Uhr von Theodor Knoblich in Hamburg mit electrischer Auslösung für einen von Hipp construirten Streifenchronographen,
— und ein electrisches Pendel von Hipp mit vier sog. sympathischen Uhren.

Dazu kamen noch an ältern Instrumenten und historischen Stücken: Aus der frühern Schenkung von Daniel Huber (6) ein Fernrohr von Fraunhofer von 3½" Oeffnung, eine nach 1760 im Auftrage von J. J. Huber von J. Bossardt nach einer Zeichnung von Mudge ausgeführte Uhr mit Rostpendel, ein 1755 durch Mudge nach J. J. Huber's Angabe zur Bewerbung um den englischen Längenpreis construirter Chronometer mit freiem Echappement, ein Astrolabium und zwei Sextanten, — ein von der Regenz für Dan. Huber angeschaffter Borda-Kreis von Reichenbach (7), — ein von der Regierung der Universität überlassener messingener Erdglobus von 50 cm. Durchmesser mit der Inschrift „Globum hance terrestrem plurimis novis a se auctum inventis amplissimo patriæ civitatis magistratui supplex offerebat Isaacus Brucknerus Basil. Geogr. Regius (8). A. 1752", — zwei früher auf der Bibliothek aufbewahrte, 1541 von Mercator construirte Erd- und Himmelsgloben von 44 cm. Durchmesser, — zwei ebensolche von 53 cm., welche Hondius 1613 construirte, und die Familie Bernoulli der Universität schenkte, — etc.

Es ist kaum zu bezweifeln, dass es Basel gelingen wird diesen nicht unbedeutenden Schatz in nächster Zeit ebenfalls fruchtbar anzulegen.