Kapitel XXII. Das schweiz. Polytechnikum und s. Sternwarte.

 

169. Die technischen Lehranstalten.

Als in Bern 1787 der alten Academie unter dem Namen „Politisches Institut" ein sich von der geistlichen Oberaufsicht emancipirendes Gymnasium für Civilisten gegenübergestellt und für dasselbe unter Anderen Tralles als Lehrer gewonnen wurde, hatte dasselbe so grossen Erfolg, dass die Freunde der Academie nur in ihrer Vereinigung mit dem Institute zu einem harmonischen Ganzen Rettung für dieselbe sahen, und diese fand, nachdem ein erster Anlauf in Folge des Umsturzes von 1798 ohne Folgen geblieben war, im Jahre 1805 statt, wobei dann zugleich das unterdessen entstandene „Medicinische Institut" mit einbezogen wurde.

Diese neue Academie, welche 3 Decennien später zu einer Hochschule erhoben wurde, enthielt schon alle vier Facultäten, und die vierte war bereits in zwei Sectionen eingetheilt, deren zweiter drei Professuren
— für reine und angewandte Mathematik,
— für Physik und Chemie,
— und für Naturgeschichte und Geographie, zugetheilt waren (1).

 

An den Academien in Genf und Lausanne, denen sich später noch eine entsprechende Anstalt in Neuenburg anschloss, gewannen, wenn auch der Grundton fortwährend humanistisch geblieben zu sein scheint, die exacten Wissenschaften immer mehr Boden; bei ersterer, an welcher Mathematik und Astronomie schon lange selbstständig und ausgezeichnet vertreten waren, löste sich später auch die Physik von der Philosophie ab, und überdiess ist sie vor Kurzem, nach dreihundertjährigem Bestehen, nach oben zu einer vollständigen Universität ausgedehnt worden, während derjenigen von Lausanne eine technische Specialschule an die Seite gesetzt wurde. —

In Aarau kam zu der 1802 grossentheils auf Anregung und mit Subvention von Vater Meyer entstandenen, mehr humanistischen Kantonsschule, 1826, Dank den Stiftungen der Herosee und Hunziker (2), noch eine eigentliche Gewerbeschule, welche 1835 mit ihr vereinigt wurde.

Aehnliche Schulen mit mehr oder weniger ausgebildeter Doppelrichtung entstanden auch in Solothurn, Chur, St. Gallen, etc. —

 

In Zürich, wo dem alten Gymnasium, das in dem zunächst für Theologen bestimmten Carolinum gipfelte, ebenfalls Institute für Medicin und Jurisprudenz coordinirt worden waren, während die 1773 entstandene „Kunstschule" im Gegensatze zu den gelehrten Schulen eine Art Industrieschule vorstellte, wurde Ende 1826 durch verschiedene gemeinnützige, meist der 1825 gestifteten technischen Gesellschaft angehörende Männer, als Ergänzung der Kunstschule nach oben ein „Technisches Institut" gegründet, für welches man das Glück hatte ein Jahr später den trefflichen Gräffe (3) als Lehrer der Mathematik zu gewinnen, und das überhaupt sehr gut wirkte.

A. 1833 gingen Kunstschule, technisches Institut und Gymnasium in einer Kantonsschule auf, an der die mathematischen Wissenschaften durch Gräffe, Raabe, Mousson und Redtenbacher in ausgezeichneter Weise vertreten waren.
Es war diess um so wichtiger, als an der gleichzeitig aus dem Carolinum und den beiden Instituten gebildeten Hochschule zwar Mousson ein Extraordinariat für Physik erhielt, dagegen für die Mathematik anfänglich nur dadurch gesorgt war, dass Raabe und Gräffe an ihr als Privatdocenten auftraten, — und später, als 1836 ein Ordinariat für Mathematik hinzukam, dasselbe in Folge einer geschickt geführten Intrigue (4) an eine Persönlichkeit von sehr zweifelhafter Berechtigung, den Bibliothecar Anton Müller in Heidelberg, vergeben wurde, der dann wirklich absolut nichts leistete, so dass ohne jene Kräfte an der Kantonsschule, welche sich zum Glück durch diesen Vorgang nicht auf die Dauer entmuthigen liessen, die Mathematik in Zürich noch Jahrzehnte lang keine Vertretung gehabt hätte.