Kapitel XI. Die Messungen und Arbeiten der Feer und Usteri.

 

100. Relief und Karte vom Kanton Zürich.

Schon um die Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts hatte Paul Usteri den Versuch begonnen ein Relief oder eine sog. „Landform" des Kantons Zürich zu verfertigen, — ein Unternehmen, für das sich dann alsbald die math. milit. Gesellschaft in Zürich lebhaft interessirte, und in welchem ihn mehrere s. Gesellschaftsgenossen, namentlich die uns schon bekannten Feer, Breitinger, Finsler und Escher, theils durch Vornahme von wünschbaren Winkel- und Höhenmessungen, theils durch Copiren und Reduciren vorhandener Detailkarten, wirksam unterstützten.

Die Jahresberichte der Gesellschaft unterlassen nie mit grosser Befriedigung von den Fortschritten des Reliefs zu sprechen , — ja als der Autor bei s. Abgange nach Stein seine noch nicht ganz vollendete Arbeit der Gesellschaft schenkte, beschloss diese dieselbe zu Ende zu führen, und Escher erklärte in dem von ihm im Frühjahr 1797 erstatteten Jahresberichte, nachdem er von Usteri's Abreise gesprochen:
„Ich hatte schon einige Zeit das Glück unter seiner geschickten Anleitung an dem Relief zu arbeiten, um diese Arbeit für die Zukunft fortzusezen, soweit es meine schwächern Kräfte erlauben."
Leider traten dann aber die Revolutionsjahre störend in den Weg, und als wieder günstigere Zeiten eintraten, hatte Escher mit. s. Linth-Unternehmen vollauf zu thun; kurz Usteri's Relief blieb unvollendet, und musste schliesslich froh sein auf dem Dachboden des Helmhauses ein Unterkommen zu finden, um wenigstens noch spätem Geschlechtern von dem unverdrossenen Eifer und der ungewöhnlichen Geschicklichkeit s. Verfertigers Zeugniss ablegen zu können.

Von den 12 quadratischen Tafeln à 2 Fuss Seite, auf welche Usteri s. Relief berechnet hatte, sind 10 vollendet und noch ziemlich gut erhalten: Sie stellen den Kanton, mit Ausnahme des obern Theiles vom Zürichsee und der Gegend von Greifensee und Pfäffikon, für welche die zwei noch fehlenden Tafeln bestimmt gewesen waren, in trefflicher Weise dar (1); namentlich machen sich Zürich mit Umgebung, die Lägern, die Gegend von Kyburg, etc., sehr gut, und es dürfte fast einzig zu wünschen sein, dass sich die Seen und Flüsse etwas besser von dem Gelände abheben möchten. —

 

Glücklicher als s. Bruder war Heinrich Usteri, indem s. neue Auflage der Gyger'schen Karte unter dem anspruchlosen, s. Namen nicht einmal enthaltenden Titel:
„Der Canton Zürich, mit einem Theil der angrenzenden Cantone. 1801",
noch bei s. Lebzeiten vollendet und ausgegeben werden konnte; aber dennoch erreichte auch er nicht vollständig was er beabsichtigte, und was er zur Belohnung s. Fleisses verdient hätte, wie uns folgender Bericht eines sachverständigen Zeitgenossen des Nähern darlegt:
„Es ist sehr zu bedauern", sagt der Berichterstatter (2), „dass diese mit so vieler Mühe, Sorgfalt und einem Zeitaufwande von mehreren Jahren berichtigte, und in der Handzeichnung so wohl gelungene Karte im Stechen beinahe ganz missglückt ist“ (3).

Usteri wagte es, einzig und allein in der Absicht, seine Karte durch einen wohlfeilem Preis ausgebreiteter und gemeinnütziger zu machen, den Stich derselben selbst zu übernehmen. Mangel an Uebung und seine bereits abnehmende Gesundheit zwangen ihn am Ende doch noch einen Kupferstecher zu Hülfe zu nehmen, und die von ihm selbst radirten Platten überarbeiten zu lassen.

Daraus entstand eine sichtbare Ungleichheit in der Manier, ein gänzliches Missverhältniss in der Haltung und Schattirung der Höhen und Gebirge, ein sehr unangenehmes und der Deutlichkeit nachtheiliges Eingreifen vieler Namen in die Bergschraffirung, und endlich mehrere Fehler, die in der Zeichnung selbst nicht sind.

Es ist sehr zu bedauern, dass diese nicht gleich anfangs in die Hände eines geschickten und gleich gemeinnützig denkenden Künstlers gefallen ist, und durch einen solchen jenes schöne und gefällige Aeussere erhalten konnte, das ihr den verdienten Rang unter den besten neuern Karten hätte erwerben können."

Die Karte besteht aus zwei Blättern von je 66 auf 39 cm., ist in ihrer Anlage wenig von der zu Grunde liegenden Gyger'schen Karte verschieden (4), in Beziehung auf die Lage des Gradnetzes nach unserm Berichterstatter sogar ganz übereinstimmend (5), dagegen im Detail da und dort richtiger und reichhaltiger, namentlich auch mit dem in jener fehlenden Strassennetze versehen.