Kapitel III. Die ersten Aufnahmen

 

14. Die Murer.

Dem von Grüningen stammenden und 1526 in das Zürcherbürgerrecht aufgenommenen, 1564 als Zunftmeister und Amtmann am Oetenbach verstorbenen Hans Murer im Jahre 1530 geboren, zeichnete sich Josias oder Joost Murer schon frühe als Poet und Glasmaler aus, und malte z.B. für das Zürcher-Schützenhaus die Pannerträger aller Orte der Eidgenossenschaft.

Noch grösseres Verdienst erwarb sich unser Joost aber dadurch, dass er den Versuch wagte von dem Zürchergebiet eine erste detaillirte und etwas getreue Karte zu entwerfen, und im Jahre 1566 unter dem Titel
„Eigendtliche und grundtliche Verzeichnung aller Stetten, Graffschaften, Herrschafften, Landen, Gerichten und gebieten so einer Statt Zürych zugehörig sind"
herauszugeben. Die Anlage dieser Karte, welche mit sechs, noch jetzt auf dem Zürcher-Staatsarchive vorhandenen Holztafeln à 34 auf 42 cm. gedruckt wurde (1), ist nach unsern gegenwärtigen Begriffen allerdings noch ziemlich mangelhaft (2), und auch mit der Terrain Zeichnung ist es noch nicht weit her; aber wenn man dieselbe nach Anlage und Inhalt mit der kaum 20 Jahre früher durch Stumpf gegebenen Karte des Zürichgaus vergleicht, so muss man über den enormen Fortschritt staunen, erhält einen gewaltigen Respect vor der Leistung, und möchte gerne wissen durch welche Mittel es Murer möglich wurde, diese relativ hohe Stufe zu erreichen (3). Leider hat sich darüber gar keine Notiz erhalten, und es bleibt überhaupt von dem verdienten Manne nur noch anzuführen, dass er zehn Jahre später unter dem Titel
„Der uralten Statt Zürych gestalt und gelägenheit, wie sy zu diser zyt in wäsen, ufgerissen und in grund gelegt durch Josen Murer, und durch Christoffel Froschower zu Eeren dem Vatterland getruckt Im 1576 Jar"
einen historisch immer noch sehr interessanten, mit 6 Holztafeln von 43 auf 45 cm. erstellten Plan seiner Vaterstadt in Vogelperspective herausgab (4), — dass er 1578 Amtmann in Winterthur wurde, — und daselbst 1580 mit Hinterlassung wackerer Söhne starb (5) , von welchen hier noch drei: Hans, Christoph und Josias, — besonders erwähnt werden mögen (6).

Hans Murer,der 1556 geboren wurde und 1641 als Pfarrer zu Rickenbach starb, war ein grosser Liebhaber der Mathematik, versuchte sich mit Erfolg in Anwendung der Glasmalerei auf Gnomonik (7) , und verfertigte im Anfange des 17.Jahrhunderts mit Hülfe von Hans Caspar Huber (8) und Johann Conrad Gyger (9) eine „Grundlegung der Landschaft Thurgäuw samt eines ziemlichen Antheils der angränzenden Herschaften", deren Originalzeichnung durch seinen Sohn Abraham Murer (10) 1671 der Kunstkammer in Zürich geschenkt wurde, seither aber verloren gegangen zu sein scheint (11).

Christoph Murer, der 1558 geboren wurde und 1614, wie früher sein Vater, als Amtmann in Winterthur starb, war Schüler von Tobias Stimmer und ein sehr geschätzter Maler, der unter Anderm nach Füssli viele Häuser „auswendig in nassen Wurf" übermalte, auch als Glasmaler für geschickt galt; daneben war er als Holzschneider und Kupferstecher wol erfahren. Die Bibliothek in Basel besitzt von ihm unter dem Titel „Helvetia cum Confederatis. Schwytzerland sampt den Zugewanten. La Suysse et les Confederez. — Christoff Murer Tig. Pictor" eine auf 4 Blättern gestochene Schweizerkarte (12), die zu beiden Seiten Abbildungen der Schlachten zu Tättwyl, Laupen, Butisholz, Näfels, Murten und Grandson, — unten aber ein Brustbild mit der Umschrift „Wilhelm Tugginer (13), Ritter, setatis 56 Anno 1582" zeigt. Die Karte, welche eine Längenscala von 0 bis 75 und eine Breitenscala von 0 bis 58 hat (14), ist nach ihrer Anlage ziemlich mangelhaft (15),dagegen enthält sie ein relativ reiches Detail, und die leicht angedeuteten Berge sehen doch wenigstens eher Bergen als Schuppen gleich.

Der jüngere Josias Murer endlich, der 156l geboren wurde und 1631 als Amtmann am Cappelerhof starb, wird als guter Glasmaler gerühmt; ob er auch in ändern Richtungen dem Beispiele des Vaters und der altern Brüder folgte, so z. B. ebenfalls topographische Arbeiten ausführte, weiss ich nicht.