Kapitel XIII. Die kantonalen Vermessungen.

 

113. Die Triangulation des Kantons Basel.

Daniel Huber erzählt in dem auf der Basler-Bibliothek aufbewahrten Tagebuche (1) über die „Trigonometrische Vermessung des Kantons Basel" von seiner ersten betreffenden Operation:
„Man musste 1798 auf Befehl der Verwaltungskammer den Plan der Birs von der neuen Welt bis an den Rhein aufnehmen. Der jetzige Landcommissarius Schäfer (2), damals eins der fünf Mitglieder der Verwaltungskammer, dirigirte die Operation.

Herr Zeiher aus dem Anspachischen, ein sehr geschickter Gärtner und Botaniker, der in geometrischen Aufnahmen sehr geschickt und auch sonst in der Mathematik geübt war, half mit; auch ich, theils aus Auftrag, theils aus Neigung, war dabei. Man entwarf zuerst mit einem kleinen Theodoliten ein, Dreieckssystem. Den Detail nahm Zeiher mit dem Messtische auf und exequirte mit Hülfe Herrn Schäfers auch die Zeichnung, die sehr schön ausgefallen ist." —

Diese kleine Arbeit erweckte bei Huber den Wunsch eine grössere geodätische Operation zu unternehmen, und damit namentlich auch trigonometrische und barometrische Höhenmessungen zu verbinden; aber bald fehlte es an Instrumenten, bald an Zeit, und erst die Anwesenheit der französischen Ingenieure brachte ihn zu dem Entschlusse sich dem Staate gegenüber zu einer trigonometrischen Aufnahme des Kantons zu verpflichten, welche er sodann auch in den Jahren 1813 bis 1824 wirklich ausführte.

 

Ueber die dabei angewandte Methode theilt er selbst Folgendes mit:

„Ich bemühte mich ein Hauptdreieck, das fast den ganzen Canton einschliessen würde, genau zu bestimmen (3), und band alsdann alle ändern Punkte an die drei Fundamentalpunkte an, so dass ich immer die Lage eines jeden Punktes aus so vielen ändern vorher be-stimmten herleitete, als möglich war und es die gemessenen Winkel gestatteten (4).

Da ich das Fundamentaldreieck zu orientiren mich bemüht hatte (5), so konnte ich die Lage der Punkte desselben, sowie auch aller ändern Punkte am bequemsten durch Coordinaten auf den Meridian von Basel bestimmen (6). Um also einen Punkt aus ändern herzuleiten, wurden zuerst aus einem Dreiecke die Coordinaten desselben vorläufig bestimmt.

Aus der Vergleichung dieser vorläufigen Coordinaten mit den definitiven Coordinaten anderer vorher schon bestimmter Punkte wurden nun die Winkel berechnet, diese mit den beobachteten Winkeln verglichen, und die Abweichungen der Rechnung mit ihren Zeichen angemerkt, Hierauf ward untersucht, welche Veränderungen an den angenommenen vorläufigen Coordinaten vorzunehmen wären, um die sämmtlichen bemerkten Abweichungen so klein als möglich zu machen, und die sonach veränderten Coordinaten wurden alsdann als die definitive Bestimmung des fraglichen Punktes angesehen."

Er fügte bei:
„In einer vorigen Berechnung des Dreieckssystems hatte ich die an den vorläufigen Coordinaten vorzunehmenden Veränderungen durch Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate zu bestimmen gesucht (7).
Da aber diese Methode ziemlich weitläufige Rechnungen erfordert, bei welchen leicht Fehler vorfallen können, so zog ich vor durch Versuche jene vorzunehmenden Veränderungen nach und nach auszumitteln, welches bequemere Rechnungen veranlasste, und Resultate gab, welche von denen der andern Methode nur in Fractionen von Fussen unterschieden sein konnten." —

In Beziehung auf die Basis sagt er:
„Um Zeit- und Geld-Aufwand zu vermindern, glaubte ich es zweckmässig keine Basis zu messen, sondern aus dem Dreiecksnetz franz. Ingenieurs, welche in unsern Gegenden grosse trigonometrische Operationen angestellt hatten, eine Seite als Basis unsers Dreiecksnetzes zu benutzen. Meinem Ansuchen um Mittheilung einer solchen Basis wurde anfänglich nicht genugsam und vollständig entsprochen, ob ich gleich durch mehrere gegenseitige Mittheilungen einigen Anspruch auf Gefälligkeiten machen
durfte
(8).

Als daher der Bernersche Ingenieur, Herr Buchwalder (9), im Spätjahr 1821 auf Paris reiste, ersuchte ich denselben bei Colonel Henry, der die Direction der Operationen in der Schweiz und Süddeutschland gehabt hatte, um Mittheilung der Bestimmungen des Dreieckes Bölchen-Basel-Wiesenberg anzusuchen.

Gefällig hatte Herr Buchwalder meiner Bitte entsprochen, und auch Herrn Henry willfährig gefunden. Er theilte mir daher 1822 III 22 bei s. Rückkehr von Paris folgendes Resultat mit:
Entfernung des Signals Wiesenberg vom südöstlichen Münsterthurm zu Basel 27738m,83 = 85392',44 Par., welche also als Basis beifolgenden Rechnungen zu Grunde liegt
(10). Da diese Entfernung Basel-Wiesenberg nur vermittelst zweier Dreiecke von der grossen Basis bei Ensisheim hergeleitet worden ist, so verdient diese Bestimmung grosses Vertrauen." —

 

Schon bald nachdem Huber s. Triangulation begonnen hatte, benutzte er sie
theilweise für eine
„Skizze des nordwestlichen Theiles des Cantons Basel, welcher den neuen Bezirk Birseck in sich begreift. Mit Benutzung vorhandener Hülfsmittel entworfen im Mai 1816. — Gezeichnet von D. H. P. M. (11) — Gestochen von S. Gysin", —
ein recht hübsches Kärtchen von 26 auf 34 cm., das eine ganz gute Anlage besitzt (12), — auf dem man die „Nachricht" liest:
„Für die Situationen der Berge, Anhöhen, Wälder u. s. w. sind besondere Zeichnungen benutzt worden, welche Herr Andreas Bräm Theol. Stud. (13) mit vieler Geschicklichkeit nach dem blossen Augenmaasse von der Gegend um Basel aufgenommen hatte", — und dessen Zusendung Feer 1816 X 6 mit den Worten verdankte:
„Wenn man eine Charte von dieser Art von der ganzen Schweiz hätte, so wären wenig Länder, welche eine bessere aufzuweisen hätten." —

 

Nachdem sodann die Triangulation ihrem Abschlusse nahte, dachte man daran sie als Grundlage einer wirklichen Aufnahme zu verwenden, ja Oberst Stehlin trat darüber bereits mit Buchwalder in Unterhandlung, der in Folge davon 1822 IV 9 ein schriftliches Angebot ein-sandte: Unter Voraussetzung
„que la triangulation faite par Mr le Professeur Huber est déjà calculée et suffisament dé-taillée",
dass ein guter Grundriss der Stadt Basel und brauchbare Grenzpläne vorhanden seien, und dass ihm von den Gemeinden die Arbeiter „pour faire les tranchées nécessaires dans les forets" kostenfrei geliefert werden, anerbot er sich die Aufnahme und das Mss für den Stich, beide in 1/50’000, gegen Bezahlung von 450 Louisd'or zu machen, und wünschendenfalls auch den Stich durch einen Pariserkünstler, inclusive der Beaufsichtigung und des Abdruckes von 2000 Exemplaren für 232 Louisd'or zu besorgen.

Man fand jedoch, wie es scheint, die geforderten Summen zu hoch gegriffen, — wenigstens kam die projectirte Aufnahme damals nicht in Gang; dagegen wurde in den letzten Dreissiger- und ersten Vierziger-Jahren durch den Strasseninspector Friedrich Bader in Basel (14), gestützt auf die Huber'sche und zum Theil auch auf die eidgenössische Triangulation, sowie auf eigene Detailaufnahmen, eine Kantonskarte in 1/25’000 mit Isohypsen und Schraffuren bearbeitet, von der aber durch Bader nur ein kleiner Theil unter dem Titel
„Kanton Basel Stadttheil, nach der eidg. Triangulation entworfen und bearbeitet im Maassstabe von 1/25’000 von Fr. Bader Unterinspector 1838", in ziemlich mittelmässiger Lithographie durch Nicol. Hosch, veröffentlicht wurde, während das Original der ganzen Karte, sowie eine von Bader gemachte Reduction derselben in 1/50’000, auf dem Baudepartement in Basel zur Verfügung der Behörden blieb (15). —

 

Zum Schlusse mag noch Einiges über die Positionsbestimmungen von Basel, die Daniel Huber mit seinem nach allen Richtungen thätigen Bienenfleisse sammelte und wo nöthig neu berechnete, gesagt werden, — am Besten nach einem Briefe, welchen er 1805 VI 30 an Zach schrieb (16), und dessen betreffende Stelle wie folgt lautet:

„ Ihrem Wunsche gemäss erhalten Sie hier die Copie einiger astronomischer .Beobachtungen, die mein Vater zur Bestimmung der Länge von Basel angestellt hatte, mit einigen correspondirenden zu Greenwich, London und Paris. Die Beobachtungen zu Basel sind in der Nähe der Kathedralkirche, ungefähr im Meridian derselben, mit einem Gregorianischen Telescop von neun Zoll angestellt (17).

Was die Bestimmung der Breite des hiesigen Orts von meinem Vater mit seinen unvollkommenen Instrumenten anbetrifft (18), so fand er aus vier in den Jahren 1753 und 1754 gemessenen Zenithdistanzen 47° 32'32"; die nachherigen Beobachtungen, oder die Gründe, aus welchen mein Vater die Bestimmung 47° 33' 30" annahm (19), habe ich nicht auf-finden können. —

Diesen Beobachtungen füge ich zwei Sonnenbeobachtungsreihen am Gnomon bei, welche wegen der Breitenbestimmung von Basel angestellt worden sind: Die erste ist von dem längst verstorbenen Wenz, und findet sich in Tom. III der Acta Helvetica von 1755 (20) ; die Höhe des Gnomons war ungefähr 6' (21).

Die zweite Beobachtungsreihe ist von Schäfer (22) an einem Gnomon von etwa 8' ganz nahe bei der Cathedralkirche angestellt (23). Doch alle diese Breitenbestimmungen führe ich nicht an um sie mit den Ihrigen in Parallele zu stellen (24), sondern nur um zu zeigen, dass es am Willen nicht fehlte etwas hierin zu leisten; aus eben diesem Grunde berühre ich noch im Vorbeigehen eine Bestimmung der Breite, die ich auf drei verschiedenen Wegen 47° 32' 30" fand; nämlich 1786 V 25 mit einem von mir verfertigten Quadranten von Holz von 5", — Tags darauf an einem ungefähr 5' hohen Gnomon, — und endlich 1793 II 25 mit meinem hölzernen Reflexions-Octanten von Morgan."

In demselben Briefe theilte Huber mit, dass die Regenz nach s. Wunsche einen Spiegelsextanten kaufen wolle, — bat Zach einen solchen zu besorgen, — und erhielt dann wirklich durch ihn alsbald einen l0zölligen und 10" gebenden Sextanten von Troughton mit zugehörigem Spiegelhorizont.

Derselbe sollte namentlich auch zu Breitenbestimmungen dienen, sowie der bereits besprochene, etwas später angekaufte Bordakreis, — und es ist kaum zu bezweifeln, dass Huber mit diesen Instrumenten wirklich einige Bestimmungen machte, obschon ich sie bis jetzt in seinen Mss nicht auffinden konnte.