Kapitel XIX. Die Detail-Aufnahmen.

 

153. Die Aufnahmen in Luzern und Bern.

Zu Anfang des Jahres 1846 drückte der Regierungsrath von Luzern dem eidg. Kriegsrathe den Wunsch aus einen Vertrag für die topographische Aufnahme des Kantons abzuschliessen, und es kam ein solcher dann wirklich noch im gleichen Jahre zu Stande; die Eidgenossenschaft verpflichtete sich während 7 Jahren jährlich 2000 Fr. beizuschiessen, und der Grosse Rath von Luzern ermächtigte den Regierungsrath jährlich ebenfalls 2000 Fr. auf die betreffende Arbeit zu verwenden (1).

Die alsbald eintretenden kriegerischen Ereignisse verhinderten jedoch damals die wirkliche Anhandnahme der Arbeiten, und erst im Februar 1852 wurde dafür eine aus drei Regierungsmitgliedern und zwei Fachmännern bestehende Commission niedergesetzt (2), welche den Plan für die Arbeit festsetzte, und vor Allem aus im Februar 1835 Ingenieur Ernst Rudolf Mohr (3) mit den secundären Triangulationen betraute. —

Im Jahr 1821 zu Luzern geboren trat Ernst Rudolf Mohr 1838, nach Absolvirung der dortigen Schulen, bei Michaelis als Lehrling ein, arbeitete unter ihm fünf Jahre und dann noch zwei Jahre bei Osterwald. Nachher fand er auf dem eidg. topographischen Bureau Anstellung, — machte 1845—47 Höhenbestimmungen im Berner-Jura, in Solothurn, Thurgau und Appenzell, wo bei den frühern Aufnahmen solche unterlassen worden waren, — und führte 1848—50 die Triangulation und Detailvermessung des Kantons Glarus aus.

In den Jahren 1851 und 1852 machte er je im Sommer topographische Aufnahmen am Gotthard, im Bedretto- und Avers-Thal, im Bergell und am Septimer, — brachte dagegen wegen Familienverhältnissen den Winter, welchen er in früheren Jahren zu Arbeiten auf dem Bureau zu Genf verwendet hatte, in Luzern zu, und trat sodann 1853 ganz aus dem eidg. Dienste um, wie schon erwähnt, die secundäre Triangulation vom Kanton Luzern zu übernehmen welche er sodann bis 1855 beendigte.

Wie die Triangulation, durch welche im Ganzen 424 Dreiecke trigonometrisch nach allen drei Coordinaten bestimmt wurden, vorrückte, wurde auch die Detailaufnahme mehr und mehr an die Hand genommen (4), und nach Beendigung der Triangulation beschäftigte sich auch Mohr selbst theils mit eigenen Aufnahmen, theils mit Verification der Aufnahmen seiner Gehülfen, bis 1861 auch diese Arbeit zum Abschluss gekommen war (5).

Der Grosse Rath fasste sodann im folgenden Jahre den Beschluss die Karte auf Staatskosten herauszugeben, und die von dem Departement der Staatswirthschaft für die Herausgabe bestellte Expertencommission, in der auch Mohr sass, trat nach längerer Verhandlung dem von der cantonalen naturforschenden Gesellschaft in einem eigenen „Memorial" befürworteten Plane bei, als Maassstab denjenigen der Aufnahme zu wählen, die Horizontalen von 10 m. Distanz aufzunehmen, und nur durch eine Tonschattirung, nicht durch Schraffen, das Relief stärker hervortreten zu lassen.

Wirklich erschien so in 10 Blättern die
„Topographische Karte des Kantons Luzern, nach den unter der Oberleitung des Herrn General Dufour gemachten Originalaufnahmen, herausgegeben auf Anordnung der Regierung 1864—67. — Maassstab 1/25’000 — Gestochen von der topogr. Anstalt von H. Müllhaupt und Sohn", jedoch ist leider, nach dem Urtheil der Sachkenner, dieser Stich nur mittelmässig gelungen (6). —

 

Als 1854 in Bern aus Bernhard Studer, Gottlieb Studer und einigen Regierungsmitgliedern eine sog. Kartirungs-Commission gebildet wurde, um die längst in Aussicht genommene Aufnahme des sog. alten Kantons Bern wirklich an die Hand zu nehmen, so glaubte diese in Denzler die richtige Persönlichkeit für Leitung derselben zu finden:

Zu Nänikon im Jahre 1814 geboren, aber zu Eglisau, wohin s. Vater bald nachher als Landschreiber versetzt wurde, aufgewachsen und beschult, und dann durch Gräffe im technischen Institute zu Zürich weiter ausgebildet, hatte zwar Joh. Heinrich Denzler anfänglich den Lehrerberuf ergriffen, und in diesem zuerst im Hüni'schen Institute zu Horgen, dann als Informator im Hause Monod zu Nyon, und endlich als Secundarlehrer in Uster gearbeitet, aber s. Musse immer der Geodäsie und Meteorologie zugewandt, ja sich bereits nach beiden Richtungen einen gewissen Namen verschafft, als 1842 die Vermessung des Kantons Zürich zur Sprache kam (7).
Wir haben bereits gesehen, wie er bei dieser Letztern in hervorragender Weise betheiligt war, und es war also in der That ein guter Gedanke diese bewährte Kraft für Bern zu gewinnen, und im April 1854 mit Denzler einen Vertrag abzuschliessen, durch welchen diesem
„die Ausführung und Berechung aller zur topographischen Aufnahme der Blätter VIII, XII und XIII des eidgenössischen Atlasses erforderlichen trigonometrischen Messungen (8), und die Leitung, nähere Beaufsichtigung und Verification der von den übrigen Ingenieurs ausgeführten topographischen Arbeiten" (9) übertragen wurde.

Die anfänglich gehegte Hoffnung, die von Trechsel in den Jahren 1809 —18 ausgeführte Triangulation wenigstens theilweise auch für die neue Arbeit nutzbar machen zu können, realisirte sich leider, wegen Mangel an Versicherung der wichtigern Punkte und an Coordinatenrechnungen, namentlich aber „wegen gänzlichen Mangels genauer Höhenbestimmungen" nicht; aber nichts destoweniger gelang es Denzler bis 1862 die Triangulation, Aufnahme und Verification des bernerischen Antheils an den erwähnten drei Blättern zu vollenden (10).

Von 1862 hinweg wurde sodann durch Denzler mit Hülfe von Jacky und Lindt eine Neurechnung und theilweise Ergänzung der Triangulation zu Gunsten des in Aussicht genommenen Katasters in Angriff genommen, — nebenbei auch eine Reihe von Seetiefen bestimmt.
Diese Neurechnung wurde, nachdem Denzler im Herbst 1866 seine Entlassung genommen hatte, um an Stelle seines verstorbenen Freundes Kündig (11) die Katasterdirection von Solothurn zu übernehmen, von Jacky mit Hülfe von Lindt und Gelpke fortgesetzt und 1867 vollendet.

Zum Schlusse mag noch einerseits angeführt werden,
— dass Denzler, nachdem er bis 1873 an der sehr detaillirten Triangulation des Kantons Solothurn gearbeitet hatte, aus Gesundheitsrücksichten seine neue Stelle ebenfalls quittiren musste, sich nach Bern zurückzog, und daselbst 1876 starb (12),
— und anderseits dass, nachdem 1867 die Leitung des berner. Vermessungswesens an den damals zum Kantonsgeometer ernannten, jetzigen Regierungspräsidenten Rudolf Rohr übergegangen war, eine Neumessung des bisher nur nach Buchwalder's Karte bekannten berner. Antheils an Blatt II und VII in Angriff genommen wurde, indem Lindt die Triangulation und Lutz die Detail Vermessung begann, dann aber 1868 über diese Aufnahme mit der Eidgenossenschaft ein Vertrag abgeschlossen wurde, nach dem zwar Lindt, mit Hülfe von Gelpke, die Triangulation bis 1870 vollendete, dagegen die Detailaufnahme sofort an das Stabsbureau überging, welches 1869 auch die Publication der Karte des ganzen Kantons im Maassstabe der Originalaufnahmen gegen einen vereinbarten Beitrag von Seite Berns übernahm.