Kapitel XIX. Die Detail-Aufnahmen.

 

155. Einige andere eidgen. Topographen.

Von den übrigen Ingenieuren, welche an der Karte arbeiteten, und weder bis jetzt eingehendere Erwähnung fanden, noch später solche finden dürften, mögen hier noch Anselmier, Stengel, Glanzmann und Kündig speciell vorgeführt werden:

Zu Belley in Frankreich 1815 geboren, aber später in Genf eingebürgert, trat Jules Anselmier 1837 in Dienst von General Dufour, und arbeitete in demselben bis 1861 an den für die Karte noch nöthigen Aufnahmen, — voraus in der Innern Schweiz und Bünden, wo er je auch die secundäre Triangulation besorgte, und ausserdem auch an einzelnen Parthien von Bern, Waadt, Wallis, etc.
Er scheint ziemlich rasch, aber etwas flüchtig gearbeitet zu haben (1), und so soll z.B. die in 1/25’000 mit Horizontalen von 10 m. Distanz in zwei Blättern ausgegebene
„Topographische Karte des eidg. Standes Zug. Auf Anordnung des Herrn General Dufour in den Jahren 1845 und 1846 vermessen durch Ingenieur J. Anselmier",
obschon sie auf das Auge einen ganz guten Eindruck macht, wenigstens in den an den Kanton Zürich grenzenden Theilen, nicht die wünschbare Genauigkeit besitzen. Besagte Karte wurde von H. Weiss in Zug auf Stein gezeichnet und ausgegeben, während dagegen Anselmier die „Karte der Gemeinde Schwyz" im Jahre 1851 im Maassstabe der ebenfalls von ihm gemachten Aufnahmen selbst auf Stein zeichnete, und, mit Schraffen versehen, bei Gebrüder Benziger in Einsiedeln in Farbendruck erscheinen liess.

Auch die unter dem Titel
„Strassennetz des eidg. Standes Schwyz. — Aufgenommen im Jahr 1861. — Lithogr. von Eberle, Kälin und Cpn. in Einsiedeln und Schwyz. — Maassstab 1/100’000" erschienene Karte dürfte auf der Aufnahme von Anselmier beruhen, und das „Aufgenommen" sich nur auf den Eintrag der Strassen und Strassenprojecte beziehen. Seit einer Reihe von Jahren, und gegenwärtig noch, arbeitet Anselmier an einer Reliefkarte des Rhone-Departements im Maassstabe von 1/40’000 mit Horizontalcurven von 10 m. Distanz (2). —

 

Zu Bern 1824 geboren, besuchte Rudolf Stengel die dortige Industrieschule, arbeitete sodann einige Zeit bei Geometer Schumacher in Bern, und nachher bei Osterwald, wo er sich bereits den Ruf eines sehr tüchtigen Topographen erwarb, so dass ihn Dufour gerne für die eidgen. Arbeiten engagirte.
Er begann s. Aufnahmen 1847 mit dem Blatte Zernez, und wurde überhaupt vorzüglich in Bünden, Tessin und Wallis verwendet. In den ersten Jahren scheint er auch den Winter über mit Arbeiten für das Bureau beschäftigt gewesen zu sein, aber sich nicht gut mit Bétemps vertragen zu haben, so dass er später den Winter jeweilen bei Hause zubrachte, während er dagegen bis und mit 1854 im Sommer für das Bureau thätig blieb.

Von da ab war er bei der Aufnahme des Kantons Bern beschäftigt, und lieferte namentlich einige der schwierigsten Gegenden des Oberlandes, wie z. B. die Blätter Jungfrau und Blümlisalp.

Leider erlag er schon 1857 einer Kehlkopfschwindsucht, welche muthmasslich Folge einer im Militärdienst erlittenen Erkältung war. Noch mag angeführt werden, dass Stengel 1850 gemeinschaftlich mit Mohr auf 4 Blättern von 58½ auf 40½ cm. eine „Postkarte der Schweiz. Eidgenossenschaft unter Aufsicht des Herrn General Dufour nach den gegenwärtig vorhandenen Materialien des eidg. Atlasses und den besten Karten gezeichnet" herausgab, welche jedoch nach ihrem Zwecke zunächst nur die Strassen und die an denselben liegenden grössern Ortschaften, dagegen gar keine Terrainzeichnung, im Süden und Südosten auch sonst wenig Detail enthält, nach ihrer Anlage aber als ziemlich gut taxirt werden kann (3). —

 

Zu Marbach im Kanton Luzern im Jahre 1826 geboren, durchlief Peter Anton Glanzmann die Schulen Luzerns mit Auszeichnung, und war namentlich ein Lieblingsschüler des trefflichen Ineichen. Von s. Professoren bestens empfohlen, fand er im Herbst 1844 Aufnahme in das topogr. Bureau in Genf, und wusste sich, bald die Liebe s. Vorgesetzten, voraus auch des Generals zu erwerben.
Schon im Frühjahr 1845 wurde ihm die Aufnahme vom Oberhalbstein übergeben, und nach Vollendung dieser Aufgabe arbeitete er im Unter-Engadin, wo er s. frühen Tod im Dienste des Vaterlandes finden sollte. Als er nämlich 1848 VI 26 den Felsenkopf des über Finstermünz gelegenen Piz Mondin besteigen wollte, und eben zu s. Träger José gesagt hatte: „Heute werden wir hier fertig; dann gehen wir in eine schönere Gegend", fiel er in Folge eines ausglitschenden Steines in einen mehrere hundert Fuss tiefen Abgrund, und verlor dabei, wie s. Grabschrift auf dem Kirchhofe von Compatsch sagt, „in Erfüllung seines Berufes sein junges Leben". —

 

Zu Basel 1832 dem Küfermeister Kündig geboren, sollte Andreas Kündig nach Empfang der gewöhnlichen Schulbildung dessen Geschäftsnachfolger werden, musste aber schwächlicher Gesundheit wegen einen Sommeraufenthalt auf dem Lande machen, und benutzte diese Musse zu Aufnahmen und zur Ausarbeitung einer Kantonskarte, welche in seinem 17. Lebensjahre, von Herder in Freiburg ziemlich gut lithographirt, auf einem Blatte von 82 auf 71 cm. unter dem Titel
„Karte vom Kanton Basel entworfen von Andreas Kündig im Verlag von C. Detloff in Basel. Empfohlen vom hohen Regierungsrath von Baselland" erschien, recht brav angelegt ist (4), und auch in der Terrainzeichnung gegen die frühern Karten erhebliche Fortschritte zeigt. Professor Fritz Burckhardt schrieb mir:
„Andreas Kündig wurde zum Entwerfen s. Karte angeregt durch seinen damaligen Lehrer der Mathematik, den spätem Centralbahndirector Schmidlin, welcher
uns in der Schule nach gegebenen Coordinaten die Hauptpunkte des Baselbietes aufzeichnen liess, und uns aufforderte eine möglichst getreue Bergzeichnung anzuschliessen.
In diesen Schülerversuchen zeigte Kündig ein ganz besonderes Geschick, so dass
ihn Schmidlin, welcher das Baselbiet kannte wie s. Rocktasche, aufforderte an die Bearbeitung einer Karte zu gehen, wozu er ihm alle erreichbaren Hülfsmittel
versprach;
(5)
schon 1848 vollendete Kündig eine Tuschzeichnung in 1/50’000 welche ich noch in meinem Lehrzimmer hängen habe."

Dieses Gelingen einerseits, und fortdauernde Kränklichkeit anderseits, bewirkten, dass sich Kündig entschloss sich zum Geometer auszubilden, und 1850, zuerst als Volontär, in das topographische Bureau zu Genf trat.

Er arbeitete dort mit dem besten Erfolge, und machte in Uri, Unterwalden, Bünden und Tessin viele gute Aufnahmen. Im Jahre 1864 erhielt er sodann die Stelle eines Katasterdirectors des Kantons Solothurn, ging auch da tüchtig ins Geschirr, starb aber leider schon 1866 im besten Mannesalter plötzlich weg.