Kapitel III. Die ersten Aufnahmen

 

23. Heinrich Peyer.

Zu Schaffhausen im Jahre 1621 geboren, widmete sich Heinrich Peyer theils den mathematischen und Militär-Wissenschaften, theils dem Staatsdienste, wurde Hauptmann und Feldzeugmeister, auch A. 1666 Stadtbaumeister, und starb im Jahre 1690 (1) . Ueber seinen Bildungsgang und seine Berufstätigkeit haben sich leider in seiner Familie keine genauern Nachrichten erhalten, und so wissen wir fast nichts darüber als was uns ein langjäriger Freund von ihm, der Landvogt und spätere Seckelmeister Joh. Heinrich Rahn (2), aufbewahrt hat. Rahn widmete nämlich 1659 seine bekannte „Teutsche Algebra" theils seinem Vater, dem Bürgermeister Joh. Heinrich Rahn, theils den ihm verwandten Professor Joh. Heinrich Hottinger und Feldzeugmeister Joh. Georg Werdmüller in Zürich, — theils endlich unserm „J. Heinrich Peyern, Feldzeugmeistern lobl. Stadt Schaffhausen", und sagte in seiner „Zuschrift", in welcher er jeden dieser vier Männer der Reihe nach speciell ansprach, indem er schliesslich auf Peyer überging:

„Endlich wende ich mich zu E. E. mit aufrichtiger bezeugung, dass ich seine freundschaft und beharrliche affection auch hoch ästimire. Die schönen Burgerlichen Gebäu so er inventiert und aussgeführt; die wolbedachten Fortificationsdesseings, so Er zu papeir gebracht; die sehr exacten Grundriss eines grossen stukk Lands, so Er in kurzer Zeit ab- und aufgetragen; die zierlichen Ernst- und Lust-Feurwerk, so Er angeordnet; preisen ihne für einen perfecten Architectum, Ingenieur und Pyrotechnum; dises alles hat billich ihme zu unvergessenem und wolverdientem Ruhm alhier verzeichnet werden sollen. Dass Er mich aber vor etlich jahren mit seiner Gevatterschaft und seit langer zeit anhero mit vertraulicher und liebreicher freundschaft honoriert hat, das achte ich für eine sondere glükseligkeit, und gestehe gar gerne, dass ich Ihme dessnaher auch verpflichtet seye."

Wie diess schon Rahn beiläufig andeutet, hat sich Peyer namentlich durch eine, während mehreren Decennien nach und nach sorgfältig aufgenommene erste gute Karte seines Heimatkantons ein unvergängliches Denkmal gegründet. Dieselbe führt den Titel:
„Schaffhauser Gebiet samt den Grentzen und umliegenden Orten" , — besteht aus vier Blättern, welche zusammen, ohne den mit den Wappen der damaligen Zunftmeister geschmückten Rand einzurechnen, eine Karte von 73 auf 54 cm. bilden, — zeigt in der Ecke rechts unten einen Mann (3) , welcher in der einen Hand eine Papierrolle mit der Widmung „Denen Hochgeachten, Wol Edlen, Gestrengen, Frommen, Ehren- und Nothvesten, Fürsichtigen, Weisen Herren Herren Burgermeistern und Raht Lobl. Statt Schaffhausen zu sonderbahrer Ehr in grund gelegt von Hauptman Heinrich Peyer. Verfertiget 1685" trägt, während die andere, einen offenen Zirkel haltende Hand auf eine Tafel mit einem Dreiecksnetze und den Worten „mediantibus istis" hinweist, über welcher eine Boussole steht, — und ist von Felix Meyer in Winterthur recht sauber gestochen (4) . Die Anlage der Karte, welche nach dem eben Mitgetheilten auf einem Dreiecksnetze und überhaupt auf geometrischer Grundlage beruht, zeigt dieselbe Genauigkeit wie bei Gyger (5) , — das Gradnetz ist sogar besser orientirt (6)) , — die Terrainzeichnung ist recht brav behandelt, — und die ganze Karte macht in allen Beziehungen einen sehr guten Eindruck. Die dem Stiche zu Grunde liegende, im antiquarischen Museum zu Schaffhausen ausgestellte Originalkarte, welche die Jahrzahl 1684 und statt dem Wappenkranze ein alphabetisches Verzeichniss der aufgenommenen Ortschaften zeigt, hat einen mehr als doppelt so grossen Maassstab als derselbe (7) , und ist ebenfalls recht hübsch ausgeführt.

Eine zweite Ausgabe des Stiches, welche 1747 Ingenieur Albertin (8) in Zürich besorgte, sie als „renovirt" bezeichnend, ist mit den alten, von der ersten Ausgabe bereits etwas abgenutzten Kupfertafeln gemacht, und unterscheidet sich nur dadurch, dass die Grenzen durch Anwendung verschiedener Farben besser hervorgehoben sind.

Bei einer dritten Ausgabe dagegen, welche noch 1825 ein Nachkomme des Hauptmann Peyer, der im Aufnehmen und Kartenzeichnen sehr gewandte Archivar Ludwig Peyer (9) , besorgte, ist der Maassstab auf denjenigen der Cassini'schen Karte reducirt worden (10) , ferner die Lithographie zur Anwendung gekommen, — und es ist diese lithographirte Karte diejenige, welche allgemein benutzt wurde, bis gegen Ende der 40er Jahre auf Kosten des Kantons und der Eidgenossenschaft durch die Ingenieure Auer (11) und Müller (12) zu Gunsten der Dufour-Karte eine neue, aber etwas flüchtige Aufnahme erfolgte, an deren Revision gegenwärtig, nach der für den topographischen Atlas im Maassstabe der Originalaufnahmen bestehenden Vorschrift, gearbeitet wird.

In Beziehung auf den Jüngern Peyer bleibt noch zu erwähnen, dass er sich um die Topographie seiner Heimat auch noch selbstständige Verdienste erwarb, indem er 1822 und 1826, nach eigenen Aufnahmen, erst den Plan von Schaffhausen, dann denjenigen der Umgegend des Rheinfalls im Maassstab von 1/5000 durch Senefelder lithographiren liess, und dann noch 1829 beide Pläne vereinigte, zu einem Ganzen completirte, im Maassstabe von 1/21600 selbst auf Stein zeichnete, und unter dem Titel „Plan der Stadt und Gegend von Schaffhausen, aufgenommen von J. L. Peyer" herausgab. Diese Arbeiten wurden zur Zeit als mustergültig betrachtet, und es ist in der That namentlich die Flussparthie in dem Plane von 1826 recht hübsch ausgeführt, so dass derselbe wiederholt als Vorlage benutzt wurde.